
Gesundheitliche Orientierungswerte (GOW) für nicht relevante Metaboliten (nrM) von Wirkstoffen aus Pflanzenbehandlungs- und Schädlingsbekämpfungsmitteln | Foto: ©Olga #519173138 – stock.adobe.com
Pflanzenschutzmittel und Schädlingsbekämpfungsmittel spielen eine zentrale Rolle in der modernen Landwirtschaft und im Gartenbau. Sie helfen, Ernteerträge zu sichern und Schädlinge oder Pflanzenkrankheiten zu kontrollieren. Doch die Anwendung dieser Mittel führt dazu, dass ihre Wirkstoffe und deren Abbauprodukte, sogenannte Metaboliten, in die Umwelt gelangen. Einige dieser Substanzen können im Grundwasser nachgewiesen werden und letztendlich ins Trinkwasser übergehen.
Da viele dieser Metaboliten nicht vollständig untersucht sind, hat das Umweltbundesamt (UBA) gesundheitliche Orientierungswerte (GOW) für nicht relevante Metaboliten (nrM) eingeführt. Diese dienen als Vorsorgewerte, um das gesundheitliche Risiko für Verbraucher besser einzuschätzen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Was sind Metaboliten?
Metaboliten sind chemische Verbindungen, die entstehen, wenn ein Wirkstoff in der Umwelt, in Pflanzen oder im menschlichen oder tierischen Organismus abgebaut wird. Sie können sich in ihrer chemischen Struktur und ihren Eigenschaften erheblich von der Ausgangssubstanz unterscheiden. Es gibt zwei Hauptgruppen von Metaboliten:
- Relevante Metaboliten: Diese Metaboliten weisen entweder eine ähnliche toxische Wirkung auf wie der ursprüngliche Wirkstoff oder besitzen noch eine pestizide Restaktivität. Sie werden als potenziell schädlich eingestuft und unterliegen strengen gesetzlichen Grenzwerten.
- Nicht relevante Metaboliten (nrM): Diese Metaboliten gelten als unbedenklicher, da sie keine toxischen oder pestiziden Eigenschaften aufweisen. Trotzdem gibt es für viele dieser Stoffe keine umfassenden toxikologischen Daten, weshalb sie weiterhin überwacht werden.

Metaboliten sind chemische Verbindungen, die entstehen, wenn ein Wirkstoff in der Umwelt, in Pflanzen oder im menschlichen oder tierischen Organismus abgebaut wird | Foto: ©kseniyaomega #520642222 – stock.adobe.com
Herausforderungen bei der Bewertung nicht relevanter Metaboliten
Die Bewertung nicht relevanter Metaboliten stellt eine Herausforderung dar, da oft nur unzureichende Daten über ihre gesundheitlichen Auswirkungen vorliegen. Obwohl sie als weniger gefährlich eingestuft werden, gibt es Unsicherheiten hinsichtlich ihrer potenziellen Langzeitwirkungen, insbesondere wenn sie über das Trinkwasser aufgenommen werden.
Daher wurde das Konzept der gesundheitlichen Orientierungswerte (GOW) eingeführt, um selbst bei unvollständiger Datenlage einen angemessenen Schutz der Verbraucher zu gewährleisten.

Die Bewertung nicht relevanter Metaboliten stellt eine Herausforderung dar, da oft nur unzureichende Daten über ihre gesundheitlichen Auswirkungen vorliegen | Foto: ©Tuan Nguyen #981865555 – stock.adobe.com
Das Konzept der gesundheitlichen Orientierungswerte (GOW)
Die GOW sind keine gesetzlichen Grenzwerte, sondern Empfehlungen des Umweltbundesamtes zur Bewertung der Trinkwasserqualität. Sie geben an, bis zu welcher Konzentration eines nicht relevanten Metaboliten im Trinkwasser keine gesundheitlichen Bedenken bestehen.
Die Festlegung eines GOW erfolgt nach einem wissenschaftlich fundierten Verfahren, das auf toxikologischen Studien und bekannten Wirkmechanismen beruht.
Je nach Datenlage werden unterschiedliche GOW-Werte festgelegt:
- GOW1 (0,1 µg/l): Wird verwendet, wenn es Hinweise auf gentoxische Eigenschaften gibt oder die Datenlage unzureichend ist, um eine solche Wirkung sicher auszuschließen.
- GOW2 (0,3 µg/l): Gilt für Substanzen, bei denen keine Gentoxizität nachgewiesen wurde, aber immun- oder neurotoxische Effekte nicht ausgeschlossen werden können.
- GOW3 (1,0 µg/l): Wird angesetzt, wenn zwar keine Hinweise auf akute oder chronische Toxizität bestehen, aber keine Langzeitstudien verfügbar sind.
- GOW4 (3,0 µg/l): Gilt für Substanzen, die als weitgehend unbedenklich eingestuft werden, aber dennoch im Trinkwasser nachgewiesen werden können.
Anwendung der GOW in der Praxis
Die gesundheitlichen Orientierungswerte dienen als Orientierung für Wasserversorger, Umweltbehörden und Gesundheitsämter, um den Umgang mit nicht relevanten Metaboliten im Trinkwasser zu steuern. Wenn die Konzentration eines Metaboliten im Trinkwasser unterhalb des festgelegten GOW liegt, sind keine Maßnahmen erforderlich. Bei einer Überschreitung eines GOW sollten Untersuchungen zur Herkunft und Verbreitung des Metaboliten durchgeführt werden.
Falls ein GOW deutlich und dauerhaft überschritten wird, kann dies zu Maßnahmen wie verbesserten Aufbereitungsverfahren oder Einschränkungen beim Einsatz bestimmter Pflanzenschutzmittel führen.

Die gesundheitlichen Orientierungswerte dienen als Orientierung für Wasserversorger, Umweltbehörden und Gesundheitsämter, um den Umgang mit nicht relevanten Metaboliten im Trinkwasser zu steuern | Foto: ©Kalyakan #288494874 – stock.adobe.com
Regulatorische Rahmenbedingungen
In Deutschland gelten strenge Vorgaben für die Qualität des Trinkwassers. Die Trinkwasserverordnung schreibt vor, dass für Wirkstoffe aus Pflanzenschutzmitteln und ihre relevanten Metaboliten ein Grenzwert von 0,1 µg/l eingehalten werden muss.
Für nicht relevante Metaboliten gibt es keine festen Grenzwerte, sondern nur die GOW als Orientierungshilfe.
Das Umweltbundesamt ist die zentrale Behörde für die Festlegung dieser Werte und stellt sicher, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden. Wenn neue toxikologische Daten verfügbar werden, können die GOW angepasst werden.
Maßnahmen bei Überschreitung der GOW
Falls ein GOW überschritten wird, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- Ursachenanalyse: Untersuchung der Quellen und Transportwege des Metaboliten.
- Risikobewertung: Bewertung der möglichen gesundheitlichen Auswirkungen.
- Reduktionsstrategien: Umsetzung von Maßnahmen zur Senkung der Konzentration, z. B. durch Optimierung der Wasseraufbereitung oder Änderung der Landnutzung.
- Kommunikation: Information der Öffentlichkeit über die gefundenen Werte und die ergriffenen Maßnahmen.
Sicherstellung der Trinkwasserqualität
Die gesundheitlichen Orientierungswerte für nicht relevante Metaboliten sind ein wichtiges Instrument zur Sicherstellung der Trinkwasserqualität. Sie helfen, mögliche Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen.
Auch wenn nrM als weniger bedenklich eingestuft werden, ist ihre kontinuierliche Überwachung notwendig, um einen nachhaltigen und sicheren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln zu gewährleisten. Die GOW tragen dazu bei, einen präventiven Gesundheitsschutz zu etablieren und die Qualität unseres Trinkwassers langfristig zu sichern.