
Steuern auf Fleischprodukte | Foto: ©Karanov images #163630231 – stock.adobe.com
Immer mehr Menschen ernähren sich vegetarisch oder vegan. Sie verzichten ganz bewusst auf Fleischprodukte, zugunsten des Tierwohls oder aus Überzeugung, dass eine fleischlose Ernährung gesünder ist. Mitunter werden die Tiere qualvoll gehalten. Das Fleisch ist teilweise mit Antibiotika-Rückständen belastet. Auf Fleisch und Fleischprodukte gilt eine Mehrwertsteuer von 7 Prozent. Sie ist umstritten und wird von Politik, Tierschützern und Gesundheitsexperten kritisiert. Im Gespräch ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Fleisch und Fleischprodukte auf 19 Prozent. Die dadurch erzielten Mehreinnahmen sollen genutzt werden, um ein verbessertes Tierwohl zu finanzieren. Landwirte und der Bauernverband sind gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte, da sie glauben, dass die Mittel nicht bei ihnen ankommen.
Sinkende Umsatzzahlen bei Fleisch und Fleischprodukten
Die Umsatzzahlen für Fleisch und Fleischprodukte und damit verbunden der Fleischkonsum sind in Deutschland seit Jahren rückläufig. Lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch in Deutschland im Jahr 2018 noch bei 60,9 Kilogramm, so ist er 2023 auf 51,6 Kilogramm zurückgegangen, wie das Bundeslandwirtschaftsministerium angibt. Die Gründe für diesen Rückgang können die teilweise schlechten und qualvollen Haltungsbedingungen, aber auch die Belastung des Fleisches mit Antibiotika-Rückständen und das steigende Gesundheitsbewusstsein der Verbraucher sein.
Auch das gestiegene Bewusstsein der Verbraucher für den Tierschutz spielt eine wichtige Rolle.
Die Umsatzzahlen für Fleisch und Fleischprodukte könnten noch weiter zurückgehen, wenn die Mehrwertsteuer von aktuell 7 Prozent auf 19 Prozent angehoben wird.

Die Umsatzzahlen für Fleisch und Fleischprodukte und damit verbunden der Fleischkonsum sind in Deutschland seit Jahren rückläufig | Foto: ©monticellllo #437695708 – stock.adobe.com
Schrittweise Anhebung der Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent geplant
Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) ist ein Beratungsgremium der Bundesregierung. Sie sprach sich bereits Anfang 2024 dafür aus, dass Fleisch und Fleischprodukte teurer werden sollten, um die Verbesserung der Haltungsbedingungen von Tieren zu finanzieren. Größere Ställe, mehr Freiraum, eine artgerechte Fütterung und insgesamt mehr Tierwohl sollen mit den Mehreinnahmen finanziert werden. Die ZKL hat dafür dem früheren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 11. April 2024 ein Eckpunktepapier vorgelegt. Die Kosten für mehr Tierwohl werden damit von den Verbrauchern getragen. Einkommensschwache Haushalte sollen entlastet werden, wenn die Preise für Gemüse sinken. Aktuell gilt für Gemüse die Mehrwertsteuer von 7 Prozent, genau wie für Fleisch und Fleischprodukte. Künftig könnte die Mehrwertsteuer auf Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte wegfallen.
Die Mehrwertsteuer für Fleisch und Fleischprodukte könnte schrittweise auf 19 Prozent angehoben werden. Der frühere Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) begrüßte den Vorschlag der ZKL bereits im Vorfeld, um die Bauern zu unterstützen, aber auch, um eine gesundheitsfördernde Lenkungswirkung zu erzielen. Er hielt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei oder drei Prozentpunkte für vertretbar für die Verbraucher und warb um Verständnis für die Situation der Bauern. Die Landwirte müssen sich teilweise für Jahrzehnte verschulden, um die Ställe umzubauen.
Aus den Erlösen der Fleischverkäufe können die Bauern den Umbau der Ställe aktuell nicht finanzieren.
Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch und Fleischprodukte wäre laut Özdemir am einfachsten umzusetzen. Die Mehrwertsteuer muss nur angepasst werden. Anders sieht es bei einer Fleischsteuer aus, die es aktuell noch nicht gibt und die erst eingeführt werden müsste. Um die Verbraucher zu entlasten und ihr Kaufverhalten zu lenken, wäre auch eine umfassende Mehrwertsteuerreform denkbar.
Mögliche Auswirkungen einer erhöhten Mehrwertsteuer auf Fleisch und Fleischprodukte
Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch und Fleischprodukte oder die Einführung einer Fleischsteuer könnten sich auf das Verhalten der Verbraucher, die Umwelt, die Gesundheit und die Wirtschaft auswirken.
Das sind einige Auswirkungen einer erhöhten Besteuerung von Fleisch und Fleischprodukten:
- Preiserhöhung: Unabhängig davon, ob die Mehrwertsteuer auf Fleisch und Fleischprodukte erhöht oder eine Fleischsteuer eingeführt wird, steigen die Preise für Fleisch und Fleischprodukte durch eine erhöhte Besteuerung. Das beeinflusst das Kaufverhalten. Verbraucher kaufen weniger Fleisch und weichen auf Alternativen aus.
- Wirtschaftliche Auswirkungen: Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch und Fleischprodukte oder die Einführung einer Fleischsteuer wirken sich auf die Wirtschaft aus. Die Umsätze im Einzelhandel könnten zurückgehen, was insbesondere Unternehmen und Händler betrifft, die stark vom Verkauf von Fleischprodukten abhängen. Schlimmstenfalls könnten Arbeitsplätze dadurch gefährdet werden. Eine Anpassung der Geschäftsmodelle wäre notwendig.
- Förderung der Gesundheit: Der Konsum von Fleisch und Fleischprodukten kann reduziert werden, wenn dafür höhere Steuern und damit verbunden höhere Preise gelten. Die Gesundheit der Bevölkerung könnte dadurch verbessert werden. Das könnte noch unterstützt werden, wenn für gesunde Lebensmittel wie Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst die Mehrwertsteuer wegfällt. Langfristig könnten weniger ernährungsbedingte Krankheiten auftreten.
- Umwelt: Höhere Preise für Fleisch aufgrund einer erhöhten Besteuerung könnten zu einer geringeren Nachfrage führen und die Umweltbelastung reduzieren. Weniger Tiere müssten gehalten werden, was geringere Emissionen von Treibhausgasen und den Verbrauch von weniger natürlichen Ressourcen bedeutet. Die Umweltverschmutzung könnte verringert werden.

Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch und Fleischprodukte oder die Einführung einer Fleischsteuer könnten sich auf das Verhalten der Verbraucher, die Umwelt, die Gesundheit und die Wirtschaft auswirken | Foto: ©New Africa #228804403 – stock.adobe.com
Bauernverband lehnt Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch ab
Bereits kurz nachdem das Eckpunktepapier bekannt wurde, sprach sich der Deutsche Bauernverband gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch und Fleischprodukte aus. Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied spricht sich dafür aus, dass das Geld für den Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl aus dem Bundeshaushalt kommt. Benötigt würden mehrere Milliarden Euro pro Jahr. Die angespannte Haushaltslage macht es aussichtslos, dass die Bundesregierung auf diese Forderung eingeht. Das wird sich vermutlich auch nach der Neubildung der Bundesregierung nach den Bundestagswahlen am 23. Februar 2025 nicht ändern.
Der Deutsche Bauernverband gehört der Zukunftskommission Landwirtschaft an, die sich für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch ausspricht und das Eckpunktepapier vorgelegt hat. Ein Vertreter des Bauernverbandes war auch in der Arbeitsgruppe zum Tierwohlumbau aktiv. Mitglied der Arbeitsgruppe war auch Kai Niebert, der Präsident des Naturschutzrings. Er weist darauf hin, dass es einen Konsens gab. Die Landwirte brauchen mehr Sicherheit, um den Umbau langfristig abzusichern. Zusätzlich ist eine Refinanzierung im Bundeshaushalt notwendig.
Kai Niebert sprach sich dafür aus, dass die Bundesregierung langfristige Verträge mit den Landwirten abschließt und ihnen eine Tierwohlprämie zahlt.
Der Deutsche Bauernverband weist auf die Initiative Tierwohl hin, die von der Fleischwirtschaft geschaffen wurde. Mit diesem System ist Rind- und Schweinefleisch aus vier verschiedenen Haltungsformen verfügbar, von Stallhaltung bis hin zu Bio-Fleisch. Verbraucher können sich ganz bewusst für Fleisch aus höheren Haltungsstufen entscheiden und dafür einen höheren Preis zahlen, mit dem sie den Umbau zu mehr Tierwohl unterstützen. Wird darüber hinaus eine Finanzierung erforderlich, müssten die Voraussetzungen dafür geklärt und verlässliche Rahmenbedingungen für die Landwirte geschaffen werden.
Ablehnung einer erhöhten Mehrwertsteuer auch vom Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft
Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch und Fleischprodukte stößt auch beim Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. (ZDG) auf Ablehnung. ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke begründet die Ablehnung damit, dass die erhöhte Mehrwertsteuer rechtlich nicht möglich sei und keine Zweckbindung gegeben wäre. Er sprach sich dafür aus, dass die Bundesregierung eine ehrliche Debatte über die Zukunft der Tierhaltung führen sollte.
Mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch ist laut Ripke eine langfristige und juristisch sichere Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung nicht durchführbar. Die Mehrwertsteuererlöse stehen nach Haushaltsrecht den Kommunen zur Hälfte zu. Der Bundeshaushalt muss vom Bundestag in jedem Jahr neu beschlossen werden. Eine Zweckbindung der Mehrwertsteuereinnahmen ist rechtlich nicht möglich, da die Steuereinnahmen in den allgemeinen Haushalt fließen müssen. Eine Sicherheit für eine Förderung der Tierhalter gäbe es damit nicht.