
Integriertes Küstenzonenmanagement in Europa | Foto: ©Maciej #269730302 – stock.adobe.com
Ziel des Integrierten Küstenzonenmanagements ist die nachhaltige Entwicklung der Küstenzonen. Es ist notwendig, da viele europäische Küstenzonen mit sozio-ökonomischen, ökologischen und kulturellen Problemen konfrontiert sind. Für die Sicherung des Wohlbefindens der EU-Bürger und die Verbesserung der langfristigen Beschäftigungs- und Wachstumssituation ist ein guter ökologischer Zustand der Meere und Küstenregionen in Europa essenziell. Mit dem Integrierten Küstenzonenmanagement ist ein solcher Zustand erreichbar. Das ist ein langfristiger, kontinuierlicher und iterativer Prozess.
Was ist Integriertes Küstenzonenmanagement?
Für das Integrierte Küstenzonenmanagement in Europa liegt eine Definition der Europäischen Kommission von 1999 vor:
Das Integrierte Küstenzonenmanagement (IKZM) verfolgt langfristig das Ziel, ein Gleichgewicht zwischen der Nutzung der Küstengebiete durch die Menschen, den Vorteilen der wirtschaftlichen Entwicklung, des Schutzes, des Erhalts und der Wiederherstellung der Küstengebiete, den Vorteilen der Minimierung von Verlusten an menschlichem Leben und Eigentum und den Vorteilen des Zugangs der Öffentlichkeit zu den Küstengebieten zu schaffen. Dabei sind die Grenzen durch die natürliche Dynamik und Belastbarkeit zu berücksichtigen.
Beim IKZM handelt es sich um einen Ansatz, der räumlich und zeitlich umfassend angelegt ist.
Das IKZM hat die Wechselwirkungen zwischen marinen Räumen und angrenzenden terrestrischen Bereichen und mitunter auch der Wassereinzugsgebiete im Blick. Zu den marinen Räumen gehören die Ausschließliche Wirtschaftszone, das Küstenmeer, die Übergangsgewässer und tidebeeinflusste Bereiche der Ästuare. Das Ziel ist die nachhaltige Entwicklung der Küstenbereiche mit seinen ökologischen, ökonomischen und sozialen Eigenschaften. Um das zu erreichen, müssen alle relevanten Akteure einbezogen werden.
Der Begriff Integriertes Küstenzonenmanagement stammt aus dem Umfeld der Agenda 21, einem Aktionsprogramm der Vereinten Nationen. In die Entscheidungsfindung werden Umwelt- und Entwicklungsziele integriert. Die Integration bezieht sich auf verschiedene Wirtschaftssektoren, verschiedene Verwaltungsebenen, marine und terrestrische Räume sowie verschiedene wissenschaftliche Disziplinen wie Natur-, Sozial- und Ingenieurwissenschaften.

Das IKZM zielt langfristig auf ein Gleichgewicht zwischen Nutzung, Schutz, wirtschaftlicher Entwicklung und Erhalt der Küsten unter Beachtung natürlicher Grenzen | Foto: ©Mikel #745672351 – stock.adobe.com
Notwendigkeit des Integrierten Küstenzonenmanagements
Viele Küstenzonen in Europa kämpfen mit Problemen, die zu einer Verschlechterung der ökologischen, kulturellen und sozio-ökonomischen Situation führen. Es kommt auf einen guten ökologischen Zustand der Meere und Küstenregionen an, um die langfristige Wachstums- und Beschäftigungssituation zu verbessern und das Wohlergehen der EU-Bürger zu sichern.
Das Integrierte Küstenzonenmanagement ist ein integrierter und partizipatorischer Ansatz zur Förderung eines nachhaltigen Managements der Küstenzonen.
Der Prozess ist multidisziplinär, dynamisch und iterativ. Die Umsetzung in den EU-Mitgliedsstaaten begann bereits 2006. Das IKZM wurde nicht nur für die Anrainerstaaten der Küsten, sondern auch für andere EU-Länder notwendig. Der Druck der Küstenländer auf die EU-Kommission führte zur Integration des Integrierten Küstenzonenmanagements. Viele Probleme können nicht von einzelnen EU-Mitgliedsstaaten gelöst werden und sind von europäischer Dimension. Die Wirkung der EU-Politik und EU-Aktionen auf die Küstenentwicklung sollte erhöht werden. Für die nachhaltige Nutzung der Küsten wurde ein Erfahrungs- und Wissensaustausch notwendig.

Viele Küstenzonen in Europa kämpfen mit Problemen, die zu einer Verschlechterung der ökologischen, kulturellen und sozio-ökonomischen Situation führen | Foto: ©Andrew Mayovskyy #1358937148 – stock.adobe.com
Ziele der Evaluierung des Integrierten Küstenzonenmanagements
Die Evaluierung des Integrierten Küstenzonenmanagements verfolgt drei wesentliche Ziele:
- Implementierung der IKZM-Empfehlung der EU in den europäischen Küsten-Mitgliedsstaaten, Erarbeitung einer nationalen IKZM-Bestandsaufnahme und der entsprechenden Strategie sowie deren Implementierung: In den nationalen Strategien sollen acht Grundsätze des IKZM als wesentliche Evaluierungskriterien eingehalten werden.
- Evaluierung des Mehrwerts des Integrierten Küstenzonenmanagements im Kontext relevanter bestehender und sich entwickelnder Strategien und Gesetze
- Darstellung des Bedarfs weiterer Aktivitäten in Bezug auf Küstenzonenstrategien und Erstellung relevanter Empfehlungen auf EU-Ebene
Grundsätze des Integrierten Küstenzonenmanagements
Das Integrierte Küstenzonenmanagement umfasst acht Grundsätze:
- Umfassende globale Betrachtungsweise auf thematischer und geografischer Ebene unter Berücksichtigung der Interdependenz und der Unterschiede natürlicher Systeme und der Tätigkeiten der Menschen mit Einfluss auf die Küstengebiete
- langfristige Sichtweise unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips und der Bedürfnisse der heutigen und der künftigen Generation
- anpassungsfähiges Management in einem mehrstufigen Prozess, um eine Anpassung abhängig von der Entwicklung der Probleme und Kenntnisse zu erreichen, mit einer soliden wissenschaftlichen Grundlage in Bezug auf die Entwicklungsprozesse des Küstengebiets
- Widerspiegelung der spezifischen Bedingungen in den betreffenden Gebieten und der Vielfältigkeit der europäischen Küstengebiete, um Antworten auf die konkreten Erfordernisse mit flexiblen Maßnahmen und spezifischen Lösungen zu erhalten
- Ausnutzung natürlicher Prozesse unter Berücksichtigung der Belastbarkeit der Ökosysteme, um die Tätigkeiten der Menschen umweltfreundlicher, sozial verträglicher und wirtschaftlich tragbar zu machen
- Einbeziehung aller betroffenen Akteure, zu denen Wirtschafts- und Sozialpartner, Nichtregierungsorganisationen, Organisationen zur Vertretung der ortsansässigen Bevölkerung der Küstengebiete und der Wirtschaftssektor gehören, in den Managementprozess, beispielsweise mit Vereinbarungen auf Basis der gemeinsamen Verantwortung
- Einbeziehung und Unterstützung aller maßgeblichen Verwaltungsstellen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene, um angemessene Verbindungen zur besseren Koordination der verschiedenen bestehenden Politiken herzustellen, Partnerschaften zwischen regionalen und lokalen Behörden
- Einsatz kombinierter Instrumente zur Steigerung der Kohärenz zwischen den sektoralen und politischen Zielen sowie zwischen Planung und Bewirtschaftung

Das Integrierte Küstenzonenmanagement beruht auf acht Grundsätzen, darunter die Nutzung natürlicher Prozesse im Rahmen der ökologischen Belastbarkeit, um menschliche Aktivitäten umweltfreundlich, sozial verträglich und wirtschaftlich tragfähig zu gestalten | Foto: ©proslgn #284194505 – stock.adobe.com
Umsetzung des Integrierten Küstenzonenmanagements in Europa
Das Integrierte Küstenzonenmanagement in Europa ist ein langfristiger und dynamischer Prozess. Für die Umsetzung auf EU-Ebene liegen verschiedene Evaluierungsempfehlungen und Maßnahmen vor:
- Die europäischen Dimensionen des Integrierten Küstenzonenmanagements auf der Basis eines Regionalmeeransatzes müssen gestärkt werden. Die Europäische Umwelt Agentur (EEA) sollte aufgenommen werden. Empfohlen wird eine Regionalisierung und Stärkung der Maßnahmen des Integrierten Küstenzonenmanagements auf supra-nationaler Ebene. Ein europäischer Rahmen sollte zur Verfügung gestellt werden, um Kapazitäten zu schaffen, die Akteure zusammenzubringen und Praktiken mit grenzüberschreitender Perspektive auszutauschen.
- Das Profil des Integrierten Küstenzonenmanagements soll angehoben und sektorale Politiken gestärkt werden. Die Identifizierung von Betroffenen es Integrierten Küstenzonenmanagements ist zu verbessern. Eine Politikgemeinschaft sollte geschaffen werden, die sich über alle Sektoren von der EU bis hin zur lokalen Ebene erstreckt. Das Integrierte Küstenzonenmanagement ist in gegenwärtige Planungs- und Managementverfahren einzuarbeiten.
- Ein strategischer Ansatz zum Integrierten Küstenzonenmanagement sollte auf der Basis der ökonomischen, sozialen und kulturellen Entwicklung ausgearbeitet werden. Ein gemeinsamer Konzeptrahmen ist zu entwickeln, um geografische Grenzen, Verantwortlichkeiten von Betroffenen und Interessengruppen, die Entwicklungsorientierung und die einzuhaltenden Verfahren zu beschreiben. Der Konzeptrahmen ist mit der IKZM-Empfehlung der EU zu verknüpfen. Regelmäßig sollte ein Austausch mit Betroffenen und Interessengruppen erfolgen.
- Bedeutende langfristige Risiken müssen in Angriff genommen werden. Solche Risiken sind der Klimawandel und Katastrophenanfälligkeit. Die Anfälligkeit der Küsten für Naturkatastrophen und Klimawandel ist einzuschließen. Dabei sind auch die Verschmutzung und der Anstieg des Meeresspiegels zu berücksichtigen. Das ist auf der Ebene der Regionalmeere erforderlich. Die Perspektive sollte langfristig sein und die Aufnahme des Vorsorgeprinzips berücksichtigen.
Für verschiedene Empfehlungen wurden bereits die entsprechenden Maßnahmen erarbeitet:
- Zustimmung zu Leitlinienerstellung, Bewusstseinsbildung, Ausbildung und Bildung
Unter den Betroffenen und Interessengruppen ist die Bewusstseinsbildung zu erhöhen. Das gelingt mit einer besseren Nutzung aller Instrumente der Informationsverbreitung. Leitlinien müssen bereitgestellt werden. Durch Bildung und Ausbildung wird qualifiziertes Personal entwickelt. IKZM-Ausbildungszentren, Erwachsenenbildung und Universitätskurse sind zu unterstützen.
Geeignete Maßnahmen sind:- Erhöhung der Bewusstseinsbildung und der IKZM-Förderung
- Bereitstellung von Anleitungen zu Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen zum Integrierten Küstenzonenmanagement
- Unterstützung der Einrichtung von Exzellenz- und Ausbildungszentren zum Integrierten Küstenzonenmanagement
- Schaffung von Möglichkeiten für einen Personalaustausch zwischen den Regionen und Ländern
- Förderung und Überprüfung von akademischen Kursen zum IKZM
- Verbesserung der Koordination und Teilhabe von Betroffenen und Interessengruppen
Ein umfassender Überblick in die aktuellen IKZM-Praktiken in Europa ist erforderlich. Ein IKZM-Rat ist zu etablieren. Auf allen Ebenen Europas, der Länder und der Regionalmeere sind offene Foren zu schaffen. Interessengruppen und Betroffene sind über die Sektoren hinweg zu beteiligen.
Die entsprechenden Maßnahmen wurden bereits erarbeitet:
Die IKZM-Bestandsaufnahmen werden in vertretbarer Zeit vervollständigt. Auf europäischer Ebene wird ein IKZM-Rat etabliert. IKZM-Foren werden auf Ebenen der Länder, der Regionalmeere und Europas geschaffen. Existierende Organisationen und Praktiken werden ausgebaut. - Allgemeine Abstimmung der Europapolitiken
Das Integrierte Küstenzonenmanagement ist unter Beachtung der Ziele und der Bereitstellung von Finanzmitteln in alle relevanten Programme einzuarbeiten. Die unterschiedlichen Politiken und Ziele müssen aufeinander abgestimmt werden.
Die praktische Rolle relevanter Politikstrategien und Verordnungen, die das Integrierte Küstenmanagement betreffen, wird geklärt. Das IKZM wird in alle relevanten Finanzinstrumente eingearbeitet. - Harmonisierung der Überwachungs- und Evaluierungsrahmen
Auf der Basis einer nachhaltigen Entwicklungsperspektive ist eine Grundlage zu erarbeiten, die ein Risikoregister enthält. Methoden und Indikatoren sind zu harmonisieren. Verfahren der Datensammlung und des Datenaustauschs müssen angewendet werden.
Auch hier wurden die entsprechenden Maßnahmen getroffen:
Eine gemeinsame Grundlage für die Küstenzonenentwicklung in Europa wurde erarbeitet. Die Überwachungs- und Evaluierungsmethoden sowie die entsprechenden Indikatoren wurden harmonisiert. Die Datensammlung und der Datenaustausch werden immer weiter verbessert. Die Umsetzung des Integrierten Küstenzonenmanagements wird gewissenhaft beobachtet. Langfristige Evaluierungen werden durchgeführt. - Verbesserung der Wissensbasis des Integrierten Küstenzonenmanagements
Die Forschung zum Integrierten Küstenzonenmanagement muss unterstützt werden. Priorität hat die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für Projekte, die mit den Grundsätzen des Integrierten Küstenzonenmanagements übereinstimmen. Instrumente zur Entscheidungsfindung müssen gefördert werden. Auf europäischer Ebene ist ein singuläres IKZM-Wissenszentrum zu schaffen.
Die entsprechenden Maßnahmen wurden auch hier erarbeitet:
Die IKZM-Komponente in FP7-Forschungsprogrammen wird gestärkt. Küstenmanagementprojekte und deren Ergebnisse sowie Erfahrungen werden evaluiert. Geeignete Entscheidungssysteme werden für Entscheidungsträger und Praktiker entwickelt und demonstriert. Ein gemeinsames Wissenszentrum wird geschaffen.
Umsetzung des Integrierten Küstenzonenmanagements in Deutschland
Die einzelnen EU-Länder setzen das Integrierte Küstenzonenmanagement um, darunter auch Deutschland. Der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte einen Vorschlag unterbreitet, auf dessen Grundlage das Bundeskabinett am 22. März 2006 eine Nationale Strategie für das Integrierte Küstenzonenmanagement in Deutschland verabschiedete. Regionale Strategien gibt es in den Küsten-Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.