
Nanotechnologie: Potenzielle Risiken und Auswirkungen auf die Umwelt | Foto: ©LuckyStep #1176426757 – stock.adobe.com
Die Nanotechnologie gehört zu den Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt stehen Nanopartikel, die eine Größe von weniger als 100 Nanometern haben. Sie bewegen sich in der Größenordnung von einem Milliardstel Meter bis hin zur Größe eines Atoms. Diese winzig kleinen Nanopartikel könnten viele Produkte revolutionieren. Nanomaterialien werden bereits in verschiedenen Bereichen verwendet, beispielsweise in der Elektronik, in der Gesundheitspflege, in Lebensmitteln, bei Verpackungen oder in der Kosmetikindustrie. Diese Technologie der Zukunft hat jedoch nicht nur Vorteile. Auf verschiedene Weise können die Nanopartikel in die Umwelt gelangen und auch ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen.
Was ist Nanotechnologie?
Die Vorsilbe „Nano“ hat ihren Ursprung in der griechischen Sprache und bedeutet Zwerg. Sie wird auch für Maßeinheiten verwendet, insbesondere für Nanometer (nm). Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter. Ein rotes Blutkörperchen hat die Größe von 7.000 Nanometern, ein menschliches Haar eine Breite von 80.000 Nanometern und ein Proteinmolekül ist nur fünf Nanometer groß.
Da die Partikel nur eine Größe von weniger als 100 Nanometern haben, unterscheiden sich Stoffe in Nanoform in ihren physikalisch-chemischen Eigenschaften deutlich von größeren Partikeln in der gleichen chemischen Zusammensetzung.
- größere biologische Aktivität
- höhere chemische Reaktivität
- stärkeres katalytisches Verhalten
Das liegt an der außerordentlich geringen Größe der Nanomaterialien, die zu einer stark vergrößerten Oberfläche der Stoffe bei einem gleichbleibenden Gesamtvolumen führt. Beispiele für solche Nanopartikel und deren Eigenschaften sind Titandioxid als Weißpigment in Lebensmitteln, unlösliche Vitamine wie Koenzym Q10 oder Siliziumdioxid als Rieselhilfe in Salz. Solche Nanomaterialien reagieren deutlich schneller und sind wasserlöslich. Im menschlichen Körper können Nanopartikel aufgrund der geringen Größe Membranfenster passieren, wie sie in den Lungenbläschen, in Darmauskleidungen oder als Zellkernmembran vorhanden sind.
Bei Partikeln mit einer Größe von weniger als 50 Nanometern gelten die klassischen physikalischen Gesetze nicht mehr.
Vielmehr verhalten sich diese Stoffe als Nanopartikel nach quantenphysikalischen Gesetzen. Nicht nur die physikalisch-chemischen, sondern auch die elektrischen, magnetischen oder optischen Eigenschaften können sich von deutlich größeren Partikeln des gleichen Stoffes unterscheiden. Mit der Nanotechnologie können daher neue Produkte und Anwendungen entwickelt werden. Bestehende Produkte lassen sich damit innovativ verbessern.
Deutschland nimmt bereits eine europäische Spitzenstellung in der Nanotechnologie ein. Die Nanotechnologie gilt als Wachstumstreiber der Zukunft und wird in verschiedenen Bereichen wie Werkstofftechnologie, Umwelttechnologie, Energietechnologie, Optische Technologien oder Gesundheitsforschung angewendet.

Die Vorsilbe „Nano“ hat ihren Ursprung in der griechischen Sprache und bedeutet Zwerg | Foto: ©Production Perig #368966663 – stock.adobe.com
Definition von Nanomaterialien
Als Nanomaterialien werden Partikel bezeichnet, die eine Größe von weniger als 100 Nanometern haben. Nanomaterialien sind laut der Definition Stoffe, die in einer oder mehreren Dimensionen die Größe von 100 Nanometern unterschreiten. Diese äußerst geringe Größe beeinflusst die Materialeigenschaften und das Verhalten dieser Stoffe.
Die Definition ist jedoch umstritten, denn Forschungsinstitutionen, Wissenschaftler und Regierungsbehörden definieren die Abmessungen unterschiedlich. Die britische Regierung versteht unter Nanomaterialien Stoffe mit Abmessungen bis zu 200 Nanometern in einer oder zwei Dimensionen. Laut der US-amerikanischen Lebensmittelbehörde FDA gelten Partikel mit einer Größe von weniger als 1.000 Nanometern bereits als Nanopartikel.
Der BUND spricht sich ebenfalls dagegen aus, Nanopartikel auf weniger als 100 Nanometer zu begrenzen.
Nanospezifische Eigenschaften können auch bei Partikeln auftreten, die eine Größe von mehreren Hundert Nanometern haben. Laut Bund sollten Nanopartikel nicht größer als 300 Nanometer sein.
Charakteristik von Nanomaterialien
Bei der Beschreibung von Nanomaterialien kommt es nicht nur darauf an, auf die geringe Größe zu achten. Wichtig sind auch die Größe der Einzelpartikel und die Größenverteilung der Partikel vom kleinsten bis zum größten Partikel in einer Anwendung. Bei der Beschreibung werden physikalische und chemische Eigenschaften berücksichtigt.
Zu den physikalischen Eigenschaften gehören:
- Größe, Verhältnis von Breite und Höhe, Form und spezifische Oberfläche
- Partikelgrößenverteilung
- Klebeverhalten der Partikel untereinander
- Lösungsverhalten
- Glätte oder Unebenheit der Oberfläche
- Struktur und mögliche Kristallfehler
Die folgenden chemischen Eigenschaften sind relevant:
- Oberflächenchemie
- Molekularstruktur
- Aggregatzustand der Anwendung
- Zusammensetzung, darunter Additive, bekannte Verunreinigungen und Reinheitsgrad
- Anziehung zu Wassermolekülen oder Fettsubstanzen
Für die Aufspürung von Nanopartikeln gibt es bereits verschiedene Methoden. Einige Methoden befinden sich noch im Entwicklungsstadium. Umsetzbare Methoden zur Präparation von Nanomaterialien befinden sich ebenfalls in der Entwicklung. Die möglichen Auswirkungen der Nanomaterialien auf biologische Systeme müssen geprüft werden.

Bei der Beschreibung von Nanomaterialien kommt es nicht nur darauf an, auf die geringe Größe zu achten | Foto: ©Maharram #1346127327 – stock.adobe.com
Wie Nanomaterialien in die Umwelt gelangen
Beim täglichen Gebrauch von Alltagsgegenständen wie Verpackungen, Küchenartikeln, Kleidung oder Kosmetikprodukten können Nanopartikel austreten und in die Umwelt gelangen. Schneidebretter verfügen mitunter über eine Oberfläche, die mit Nano-Silber beschichtet ist. Beim Gebrauch kann die Oberfläche zerkratzt werden, sodass die Nanopartikel freigesetzt werden.
Sonnencremes können Zinkoxid oder Titandioxid enthalten, das beim Baden abgespült wird und ins Wasser gelangt.
Bei Textilien mit nanobeschichteten Fasern können sich solche Nanopartikel beim Waschen lösen und in die Umwelt gelangen. US-amerikanische Wissenschaftler stellten fest, dass bei Socken mit Nanosilber bei zwei von sechs Marken nach nur zwei Waschgängen die Nanopartikel vollständig ausgewaschen waren.
Nanopartikel im Abwasser
Nanomaterialien aus Industrieanlagen, Haushalten oder der Straßenkanalisation können über Abwässer in Kläranlagen gelangen. Bei einigen Produkten werden die Nanopartikel direkt ins Abwasser abgegeben. Das ist der Fall bei Waschmaschinen, die mit Nanosilber ausgestattet sind und es beabsichtigt freisetzen. Nanosilber kann aus Kleidung, Küchenutensilien oder Kosmetika freigesetzt werden. Für biologische Kläranlagen kann es ein Problem sein, denn es ist ein hochwirksames Biozid, das im Klärprozess eingesetzte Bakterien töten kann. Es kann die Abwasserreinigung stören.
Aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften können Nanostoffe die Abwasserreinigung in der Kläranlage überstehen. Sie gelangen dann in Gewässer. Eine Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich ergab, dass beim Schleifen von Computerchips verwendete Ceriumdioxid-Nanopartikel in der Kläranlage nicht vollständig gebunden werden. Der Stoff landet dann nur teilweise im Klärschlamm, während eine kleine Menge ungehindert durch den Abfluss der Kläranlage gelangt.
Der Klärschlamm, der nach der Abwasserbehandlung zurückbleibt, wird teilweise auf Äckern ausgebracht. Die Nanopartikel können von Kulturpflanzen aufgenommen werden und in Gewässer gelangen. Der Klärschlamm ist wichtig für die Düngung, doch die Landwirtschaft verliert an Wert, da er nur noch bedingt genutzt werden kann.

Nanomaterialien aus Industrieanlagen, Haushalten oder der Straßenkanalisation können über Abwässer in Kläranlagen gelangen | Foto: ©GordonGrand #141414987 – stock.adobe.com
Nanopartikel im Abfall
Viele giftige Chemikalien gelangen über Abfalldeponien in die Umwelt und in das Grundwasser. Die Nanotechnologie führt dazu, dass vermehrt Nanoprodukte in Müllverbrennungsanlagen oder auf Abfalldeponien lagern. Das globale Müllproblem kann sich verschärfen, da Nanosilber und andere Nanomaterialien hochgiftig für Boden- und Wasserorganismen sind. Über das Verhalten von Nanomaterialien in Abfallverbrennungsanlagen ist bislang noch wenig bekannt.
Die Nanopartikel können in Verbrennungsrückständen verbleiben oder an die Atmosphäre abgegeben werden.
Aufgrund ihrer großen aktiven Oberfläche können Nanopartikel Verunreinigungen und Schadstoffe binden und mobilisieren. Solche Schadstoffe würden in den oberen Bodenschichten bleiben, doch können sie in tieferliegende Grundwasserschichten sickern. Aus diesen Grundwasserschichten wird Trinkwasser gewonnen.
Ermittlung der Exposition durch Nanopartikel
Abhängig von der Exposition werden unterschiedliche Messmethoden angewendet. Nanopartikel in der Luft sind am zuverlässigsten messbar. Auch ein Kontakt von Nanopartikeln mit festen oder flüssigen Stoffen ist messbar. Gegenwärtig sind bereits verschiedene Verfahren einsetzbar, mit denen die Exposition durch Nanopartikel eingeschätzt werden kann. Personen und Bereiche können damit dauerhaft oder zeitweise überwacht werden. Die Datenlage über die Exposition ist jedoch nur spärlich.

Ermittlung der Exposition durch Nanopartikel | Foto: ©peterschreiber.media #52718320 – stock.adobe.com
Risiken für die Umwelt durch Nanopartikel
Je weiter die Nanotechnologie fortschreitet, desto größer wird die Umweltexposition. Über das mögliche Verhalten der Nanopartikel in Luft, Boden oder Wasser ist bislang nur wenig bekannt, da die Nanotechnologie noch eine junge Technologie ist. In bestimmten Bereichen können sich Nanopartikel sammeln. Das ist möglich, indem sie mit organischen Stoffen interagieren oder mit Mineralien verklumpen.
Über die Nahrungskette können Nanopartikel von einem Organismus zum anderen gelangen und auch vom Menschen aufgenommen werden. Das Spektrum der Auswirkungen von Nanopartikeln ist breit, da sie vielfältige Austrittsformen aufweisen. Einige Nanomaterialien können Viren oder Bakterien töten. In Experimenten wurde bereits eine mögliche Schädigung von Fischen und wirbellosen Tiere durch Nanopartikel nachgewiesen. Entwicklung, Fortpflanzung oder Verhalten können gestört sein. Über die Auswirkungen auf Bodensysteme liegen aktuell kaum Forschungsergebnisse vor. Ein Problem kann darin bestehen, dass die Ergebnisse der Laborforschung nicht immer auf die reale Umwelt übertragbar sind.
Mögliche Gefahren für die menschliche Gesundheit durch Nanopartikel
Mögliche gesundheitliche Auswirkungen von Nanopartikeln und Interaktionen mit biologischen Systemen wurden bereits experimentell nachgewiesen. Im Labor beeinflussten sie die Bildung faserförmiger Proteingeflechte, die bei einigen Krankheitsbildern wie Hirnerkrankungen in ähnlicher Form vorkommen. Nanopartikel in der Luft können sich auf Lunge, Herz oder Blutkreislauf auswirken, ähnlich wie Feinstaub. Belege dafür, dass Nanopartikel zu genetischen Schäden führen können, liegen bereits vor. Sie können solche Schäden direkt verursachen oder Entzündungen auslösen.
Wie sich die Nanopartikel tatsächlich auf die Gesundheit auswirken, ist von ihrem Verlauf innerhalb des Körpers abhängig.
Nach dem Eintreten in den Körper verlässt nur ein kleiner Anteil der Dosis die Lunge oder den Darm. Eine längere Exposition kann zu einer Verteilung einer größeren Anzahl an Nanopartikeln im Körper führen. Die meisten dieser Partikel lagern sich in der Milz oder Leber an. Es ist möglich, dass auch einige Partikel in alle Organe und Gewebe vordringen können. Nanopartikel können über die Nasenschleimhaut bis ins Gehirn vordringen.
Einschätzung möglicher Risiken von Nanopartikeln
Bereits vorhandene Methoden zur Risikoabschätzung können generell auch für Nanomaterialien angewendet werden, doch müssen die speziell bei Nanomaterialien zu berücksichtigenden Aspekte weiterentwickelt werden. Das betrifft Methoden zur Gefahrenidentifikation und zur Expositionsabschätzung. Freie, nicht lösliche Nanopartikel in Flüssigkeiten oder als Staub stellen das potenziell größte Risiko dar. Um das Risiko abschätzen zu können, müssen alle Eigenschaften untersucht werden, darunter:
- Partikelgröße
- Stabilität
- Oberflächengröße
- Oberflächenbeschaffenheit
- chemische Reaktionsfähigkeit
- Lösbarkeit
Für die Risikobewertung können Vergleiche mit ähnlichen Gefahrenquellen herangezogen werden, die bereits gut erforscht sind. Solche Gefahrenquellen sind Asbestfasern und luftgetragene Feinpartikel.