
Ökonomische Folgen der Ausbreitung von Neobiota | Foto: ©Ruckszio #24500503 – stock.adobe.com
Als Neobiota werden Tiere und Pflanzen bezeichnet, die von Natur aus in Deutschland nicht heimisch sind. Diese invasiven Arten haben sich durch den Einfluss des Menschen verbreitet und können heimische Tiere und Pflanzen verdrängen. Sie schädigen nicht nur das Ökosystem, sondern können auch Krankheiten verbreiten und schwerwiegende ökonomische Folgen haben, die hohe Kosten verursachen. Das Umweltbundesamt hat bereits 2003 die J. W. Goethe-Universität Frankfurt mit einer Studie zu den ökonomischen Folgen der Ausbreitung von Neobiota beauftragt.
Was sind Neobiota?
Neobiota sind Tier- und Pflanzenarten, aber auch Pilze und Mikroorganismen, die von Natur aus in Deutschland nicht vorkommen. Sie gelangten erst durch den Einfluss des Menschen nach Deutschland und werden auch als invasive Arten bezeichnet.
Die Einführung der invasiven Arten ist nicht beabsichtigt, wie das bei der Einführung verschiedener Zierpflanzen oder bestimmter Tierrassen der Fall ist.
Invasive Arten haben unerwünschte Auswirkungen auf andere Arten oder deren Lebensräume. Sie können einheimische Arten aus ihrem Lebensraum verdrängen.

Neobiota sind Tier- und Pflanzenarten, aber auch Pilze und Mikroorganismen, die von Natur aus in Deutschland nicht vorkommen | Foto: ©jon_chica #170314019 – stock.adobe.com
Inhalt der Studie des Umweltbundesamtes
Die Studie des Umweltbundesamtes zur Untersuchung der ökonomischen Folgen der Ausbreitung von Neobiota von 2003 ist die erste ihrer Art in Europa. Sie gibt einen Überblick über die jährlich in Deutschland durch die Ausbreitung von Neobiota entstehenden Kosten. Dabei handelt es sich um Erhebungen von 2003. Auch heute verursachen Neobiota erhebliche Kosten und schwere wirtschaftliche Schäden. Die Kosten können sich jedoch inzwischen verändert haben.
In der Studie untersuchten Forscher der J. W. Goethe-Universität Frankfurt stellvertretend 20 invasive Arten von Pflanzen und Tieren.
Es handelt sich um eine Momentaufnahme der durch diese Arten verursachten Kosten. Dabei wurden die Kosten in drei verschiedene Kategorien aufgeschlüsselt:
- direkte ökonomische Schäden, wie sie zum Beispiel durch Vorratsschädlinge entstehen
- ökologische Schäden durch den Schutz gefährdeter heimischer Arten und Ökosysteme
- Kosten für die Bekämpfung von invasiven Arten und zur Verhinderung von deren Ausbreitung
Ökonomische Folgen der Ausbreitung von gesundheitsgefährdenden Arten
In der Studie wurden stellvertretend für andere gesundheitsgefährdende Arten die ökonomischen Folgen der Ausbreitung von Beifußambrosie und Herkulesstaude untersucht.
Die Beifußambrosie kommt in Deutschland schon seit vielen Jahren vor und verursacht schwere Allergien bis hin zu allergischem Asthma. In der Landwirtschaft spielt sie als Unkraut nur eine untergeordnete Rolle. Die Kosten für die Behandlung von allergischem Asthma und allergischer Rhinitis beliefen sich 2003 auf ungefähr 32.100.000 Euro.
Die Herkulesstaude verursacht starke Verbrennungen bei Hautkontakt. Kosten entstehen im Gesundheitswesen bei der Behandlung von Erkrankungen sowie in Landkreisen, im Straßenbau und in Naturschutzgebieten bei der Bekämpfung der Pflanze. Im Jahr 2003 verursachte die Pflanze Gesamtkosten von ungefähr 12.313.000 Euro.

In der Studie wurden stellvertretend für andere gesundheitsgefährdende Arten die ökonomischen Folgen der Ausbreitung von Beifußambrosie und Herkulesstaude untersucht | Foto: ©progarten #277357708 – stock.adobe.com
Ökonomische Folgen in der Forstwirtschaft durch Neobiota
Die Studie untersuchte die ökonomischen Folgen von Roteiche und Spätblühender Traubenkirsche in der Forstwirtschaft. Die Roteiche ist in Deutschland eine ökologische Wüste, da sie von der heimischen Fauna nur schlecht besiedelt wird. Bekämpfungsmaßnahmen der Roteiche würden in der Forstwirtschaft zu Einnahmeausfällen führen. Diese Einnahmeausfälle wurden im Jahr 2003 mit ungefähr 716.000 Euro beziffert.
Eine Bekämpfung kann in Einzelfällen in Naturschutzgebieten notwendig werden.
Die Spätblühende Traubenkirsche führt bei einem massenhaften Auftreten zur Beschattung und gefährdet die heimische Flora der Krautschicht, da sie die natürliche Verjüngung des Waldes verhindert. Die Ausbreitung dieser Pflanze verhindert den Aufbau naturnaher Wälder und setzt den Erholungswert der Wälder herab. Die Kosten für die Bekämpfung der Spätblühenden Traubentasche beliefen sich im Jahr 2003 auf ungefähr 25.500.000 Euro.
Ökonomische Folgen in der Landwirtschaft durch Neobiota
In der Landwirtschaft können Neobiota schwerwiegende ökonomische Folgen haben. Die Studie von 2003 untersuchte stellvertretend die Folgen von Getreidekapuzinerkäfer und Mehlmotte.
Der Getreidekapuzinerkäfer ist ein Vorratsschädling, der sich von stärkehaltigen Produkten ernährt. Er kann auch Schäden in der Wald- und Holzwirtschaft verursachen. Die Kosten durch Schäden in der Wald- und Holzwirtschaft wurden in der Studie nicht ermittelt. Indirekte Kosten durch Rückrufaktionen von befallenen Lebensmitteln wurden geschätzt. Die Summe aus direkten Kosten, indirekten Kosten und Kosten zur Bekämpfung des Getreidekapuzinerkäfers lagen im Jahr 2003 bei ungefähr 19.400.000 Euro.
Ein Vorratsschädling ist auch die Mehlmotte. In der Untersuchung wurden Kosten durch den Schädling geschätzt und lagen 2003 bei ungefähr 4,8 Millionen Euro. Die Kosten setzen sich aus direkten Kosten, Kosten für Monitoring und Kosten für die Bekämpfung zusammen.

Die Studie von 2003 untersuchte stellvertretend die Folgen von Getreidekapuzinerkäfer und Mehlmotte | Foto: ©Michael Tieck #111959519 – stock.adobe.com
Ökonomische Folgen in Fischerei und Teichwirtschaft
Als Neobiota in Fischerei und Teichwirtschaft wurden stellvertretend für andere invasive Arten der Bisam und der Kamberkrebs untersucht. In Gebieten, in denen keine Bisamfänger angestellt sind, verursacht der Bisam Schäden durch Dammbrüche. Im Jahr 2003 lagen die Kosten für zusätzliche Aufwendungen bei 1,6 Millionen Euro. Die Beschäftigung von Bisamfängern im Bundesgebiet würde Kosten von 16 Millionen Euro verursachen. Eine flächendeckende Bekämpfung des Bisams ist sinnvoll, da er Kosten für die Unterhaltung von Gewässern und Wasserstraßen, aber auch im Gesundheitswesen verursacht.
Im Jahr 2003 hat der Bisam in Deutschland Kosten von mindestens 12,5 Millionen Euro verursacht.
Der Kamberkrebs kann den heimischen Edelkrebs verdrängen und die Bestände gefährden. Er kann auch zur Ausbreitung eines Fadenpilzes führen, der Verursacher der Krebspest ist. Fischer und Teichwirte haben im Jahr 2003 keine Verluste durch den Kamberkrebs erlitten. Eine Bekämpfungsmethode ist nicht bekannt.
Kosten im kommunalen Bereich
Im kommunalen Bereich untersuchte die Studie Schäden durch die Kastanienminiermotte und den Verursacher der Ulmenkrankheit. Die Kastanienminiermotte befällt Rosskastanien und verursacht bereits im Sommer einen Laubfall. Kosten konnten nicht ermittelt werden. Die Bäume sterben frühzeitig ab. Schäden durch die Kastanienminiermotte wurden in der Studie für 2003 mit 10,7 Milliarden Euro beziffert.
Ulmen sterben durch die Ulmenkrankheit frühzeitig ab oder müssen zur Vermeidung weiterer Schäden durch den Krankheitserreger entfernt werden. Die Schäden wurden 2003 mit ungefähr 19,2 Millionen Euro beziffert.

Im kommunalen Bereich untersuchte die Studie Schäden durch die Kastanienminiermotte und den Verursacher der Ulmenkrankheit | Foto: ©Tomasz #502756148 – stock.adobe.com
Schäden an Wasserwegen und Fließgewässern
In der Studie wurden die Folgen durch die Dreikantmuschel untersucht, doch sie verursacht in Deutschland keine Schäden mehr. Die Bestände haben stark abgenommen.
Der Japanische Staudenknöterich kann starke Uferabbrüche an Gewässern verursachen, wenn er flächenhaft auftritt.
Kosten fallen für die Bekämpfung und die Uferinstandsetzung an. Die Kosten lagen im Jahr 2003 bei ungefähr 32,2 Millionen Euro.
Schäden an terrestrischen Verkehrswegen
Das Schmalblättrige Greiskraut verursacht Schäden an Gleisanlagen. Die Lupine verdrängt Bestände der geschützten Arnika auf Bergwiesenflächen. Da sie sich verstärkt ausbreitet, wurden die möglichen Schäden in der Studie von 2003 schlimmstenfalls jährlich auf 1,4 Millionen Euro geschätzt.

Das Schmalblättrige Greiskraut verursacht Schäden an Gleisanlagen | Foto: ©beres #358380967 – stock.adobe.com
Empfehlung zur Bekämpfung invasiver Arten
In der Studie wurden Schäden durch den Mink und den Ochsenfrosch untersucht. Die Berner Konvention sieht eine Ausrottung dieser invasiven Arten vor.
Die Kosten für die Bekämpfung dieser Tiere wurden in der Studie von 2003 auf jährlich 4,4 Millionen Euro geschätzt.
Erforderliche Maßnahmen zur Verhinderung oder Begrenzung der ökonomischen Folgen
Um ökonomische Folgen durch die Ausbreitung von Neobiota zu verhindern oder zu begrenzen, sieht die Studie weitere Forschungen vor. Durch wissenschaftliche Untersuchungen müssen weitere Informationen über diese Tier- und Pflanzenarten gewonnen werden. Eine entsprechende Gesetzgebung ist erforderlich, um die Ausbreitung von Neobiota zu verhindern.