
Bisphenol A - Massenchemikalie mit unerwünschten Nebenwirkungen | Foto: ©Danijela #849505619 – stock.adobe.com
Bisphenol A gilt als Massenchemikalie mit unerwünschten Nebenwirkungen und ist in vielen Produkten des täglichen Lebens enthalten. Es wird meistens zu stabilen Kunststoffen wie Polycarbonat und Epoxidharz verarbeitet. Die Chemikalie kann sich aus Gebrauchsgegenständen lösen und die Umwelt belasten, aber auch die menschliche Gesundheit gefährden. Über die Nahrung oder die Haut kann es in den menschlichen Körper gelangen. Bisphenol A gehört zu den endokrinen Disruptoren, da es ähnlich wie das weibliche Sexualhormon Östrogen wirkt. Das Umweltbundesamt hat bereits 2010 in einem Hintergrundpapier die Risiken von Bisphenol A erläutert und Handlungsoptionen aufgezeigt.
Was ist Bisphenol A?
Bisphenol A ist eine chemische Substanz, die in der Lage ist, die Wirkung des natürlichen weiblichen Sexualhormons Östrogen nachzuahmen. Es gehört daher zu den endokrinen Disruptoren. In den Jahren 1935 und 1936 suchten die britischen Biochemiker Edward Charles Dodds und Wilfrid Lawson nach einem Ersatz für natürliches Östrogen in der medizinischen Therapie. Natürliches Östrogen musste aus dem Urin trächtiger Stuten extrahiert werden, was aufwändig und extrem teuer war. Bisphenol A zeigte eine schwache östrogene Aktivität.
Es wurde in der Pharmazie jedoch nicht verwendet, da die Forscher schon kurze Zeit später potentere synthetische Östrogene identifizieren konnten.
Bisphenol A wurde jedoch als Industriechemikalie entdeckt und ist inzwischen in zahlreichen Produkten für den täglichen Gebrauch enthalten. In Verbindung mit anderen chemischen Stoffen wird Bisphenol A für die Herstellung verschiedener Kunststoffe wie Polycarbonat oder von Harzen wie Epoxidharz verwendet. Aus Polycarbonat werden beispielsweise Mehrweg-Getränkeflaschen und andere Behälter für Lebensmittel hergestellt. Epoxidharze werden für Schutzbeschichtungen und Innenauskleidungen von Konserven- und Getränkedosen genutzt. In geringen Mengen kann Bisphenol A auf die in den Behältern enthaltenen Lebensmittel übergehen.

Bisphenol A ist eine chemische Substanz, die in der Lage ist, die Wirkung des natürlichen weiblichen Sexualhormons Östrogen nachzuahmen | Foto: ©rosinka79 #195048029 – stock.adobe.com
Vorkommen von Bisphenol A
Bisphenol A ist in zahlreichen Alltagsprodukten enthalten, darunter in Plastikschüsseln, beschichteten Lebensmittelverpackungen, Mehrweg-Getränkeflaschen, CDs und DVDs. Noch bis Ende 2019 war Bisphenol A auch in Kassenzetteln aus Thermopapier enthalten.
Bisphenol A dient als Ausgangsstoff für die Herstellung von Polycarbonaten und Epoxidharzen. Diese Stoffe entstehen durch Polymerisation, bei der Bisphenol A so umgesetzt wird, dass aus den einzelnen Molekülen Polymere entstehen. Polymere sind lange Ketten und Netze. Durch die Polymerisation ist Bisphenol A chemisch fest gebunden. Unter bestimmten Umständen kann es freigesetzt werden. Bei den Herstellungsprozessen wird nicht immer das komplette Bisphenol A chemisch umgewandelt. In den Produkten können daher noch freie Bisphenol A-Reste enthalten sein.
Polycarbonate zeichnen sich durch hohe Festigkeit, Härte, Steifheit und Zähigkeit aus, was zu einer langen Haltbarkeit führt. Sie sind beständig gegenüber Strahlungs- und Witterungseinflüssen und haben gute elektrische Isoliereigenschaften. Sie werden daher zur Herstellung von Motorradhelmen und Mobiltelefonen verwendet. Polycarbonate werden auch als Konstruktionswerkstoffe für Gehäuse von Computern, durchsichtige Dachabdeckungen oder Wasserkocher sowie für medizinische Geräte verwendet. Seit Juni 2011 ist die Verwendung von Bisphenol A für die Herstellung von Babyflaschen verboten.
Polycarbonate, in denen Bisphenol A enthalten ist, sind zwar schwer entflammbar, doch brennen sie nicht mehr weiter, nachdem die Zündquelle entfernt wurde.
Epoxidharze sind flüssig und reagieren unter Zugabe von Härtern zu unlöslichen, harten und chemikalienbeständigen Kunststoffen. Sie werden hauptsächlich als Kleb-, Gieß- und Lackharze für Oberflächenbeschichtungen sowie als Innenbeschichtungen von Metallverpackungen verwendet. Auch in Getränke- und Konservendosen dienen sie als Innenbeschichtungen.
Bisphenol A wird auch als Zusatzstoff, sogenanntes Additiv, genutzt. Es war bis Ende 2019 auch in Bremsflüssigkeiten enthalten. In Thermopapier diente es bis Ende 2019 als Entwicklersubstanz neben dem eigentlichen Farbstoff. Bisphenol A wird inzwischen teilweise durch Bisphenol S ersetzt.
Auch in der Zahnmedizin wird Bisphenol A verwendet. Es ist Bestandteil von zahntechnischen Kompositen, bei denen es sich um epoxidharzähnliche Füll- und Versiegelungsmassen handelt. Reines Bisphenol A wird in der Zahnmedizin nicht angewendet, doch kann es bei zahnmedizinischen Behandlungen freigesetzt werden.
Bisphenol A dient als Ausgangsstoff für die Herstellung von Tetrabrombisphenol A, das Bestandteil von Flammschutzmitteln ist. Tetrabrombisphenol A kann sich in der Umwelt durch reduktive Dehalogenierung zu Bisphenol A zurückverwandeln.

Bisphenol A ist in zahlreichen Alltagsprodukten enthalten, darunter in Plastikschüsseln, beschichteten Lebensmittelverpackungen, Mehrweg-Getränkeflaschen, CDs und DVDs | Foto: ©monticellllo #440655218 – stock.adobe.com
Wie Bisphenol A in die Umwelt gelangt
Bisphenol A gelangt vorwiegend durch Abwässer in die Umwelt und landet in Gewässern. Es stammt hauptsächlich von Unternehmen, die Polycarbonate und Epoxidharz herstellen oder PVC-Kunststoffe verarbeiten. Über das Abwasser gelangt Bisphenol A in industrielle und kommunale Kläranlagen. Ist genug Sauerstoff vorhanden, kann Bisphenol A durch Mikroorganismen gut abgebaut werden. Es baut sich innerhalb von 2 bis 17 Tagen fast komplett ab. Bei zu wenig Sauerstoff kann sich Bisphenol A gar nicht oder nur langsam abbauen.
Die Abbauraten unterscheiden sich, abhängig von der Leistung der Kläranlage und den Verfahren zur Abwasserreinigung.
Bisphenol A kann aus den Kläranlagen in die Gewässer gelangen, wenn es noch im gereinigten Abwasser enthalten ist. Es wird unter aeroben Verhältnissen weiter abgebaut. In Sedimenten baut sich Bisphenol A nicht vollständig ab und verbleibt in Restmengen im Gewässer.
Bisphenol A kann auch in Recyclingpapier enthalten sein, wenn zu dessen Herstellung auch Thermopapier verwendet wurde. Ein mögliches Endprodukt ist Recyclingtoilettenpapier. Der Anteil von mit Bisphenol A belastetem Thermopapier geht jedoch immer weiter zurück, da seit 2019 kein Bisphenol A mehr als Entwicklersubstanz genutzt wird.
Wirkung von Bisphenol A auf die Umwelt
Fachleute haben die Wirkung von Bisphenol A auf Gewässer- und Bodenorganismen untersucht, doch sind die Untersuchungsergebnisse nicht einfach zu bewerten. Da Bisphenol A zu den endokrinen Disruptoren gehört und eine hormonähnliche Wirkung hat, kann es die sexuelle Entwicklung und Fortpflanzung verschiedener Tierarten beeinträchtigen. Allerdings ist nicht klar, ab welcher Konzentration sich diese Effekte zeigen. Bereits bei einer geringen Konzentration von Bisphenol A können Fische und Schnecken in ihrer Entwicklung und Fortpflanzung beeinträchtigt werden. Die Wirkung von Bisphenol A auf Gewässer- und Bodenorganismen wird möglicherweise unterschätzt.

Wirkung von Bisphenol A auf die Umwelt | Foto: ©James Thew #308716508 – stock.adobe.com
Wie gelangt Bisphenol A in den menschlichen Körper?
In den menschlichen Körper gelangt Bisphenol A hauptsächlich über Lebensmittel. Es kann sich durch Hydrolyse aus der Innenbeschichtung von Konservendosen lösen und in die Nahrung gelangen. Bei der Hydrolyse löst sich Bisphenol A durch die Reaktion mit Wasser aus der polymeren Form. Wie viel Bisphenol A freigesetzt wird, hängt vom Herstellungsverfahren des Konservenmaterials ab. Die Konzentration in Lebensmitteln aus solchen Konserven kann zwischen 5 und 38 Mikrogramm pro Kilogramm liegen.
Aus Behältern aus Polycarbonat kann sich Bisphenol A durch Kontakt mit heißem Wasser lösen. Das Herauslösen von Bisphenol A kann durch Waschmittelreste gefördert werden. Wie groß die gelöste Menge ist, hängt von der Wasserhärte, der Temperatur und der Erhitzungsdauer ab. Der Kunststoff kann sich im Laufe der Zeit zersetzen und Bisphenol A freigeben.
Menschen mit intensiven medizinischen Behandlungen sind der Chemikalie stärker als die Allgemeinbevölkerung ausgesetzt. Zu einer hohen Belastung mit Bisphenol A kommt es bei Neugeborenen auf Intensivstationen und bei Dialysebehandlungen. Auch bei der Arbeit mit Polykarbonat, Epoxidharzen und verschiedenen Kunststoffen sind die Menschen einer stärkeren Belastung mit Bisphenol A ausgesetzt.
Bisphenol A kann auch in Trinkwasser vorkommen und stammt aus Materialien, die Epoxidharz enthalten und zur Verteilung und Speicherung von Trinkwasser dienen. Epoxidharze werden zur Sanierung alter Trinkwasserleitungen und als Beschichtung für Speicherbehälter genutzt. Die Konzentrationen in deutschen Oberflächengewässern lagen im Jahresmittel maximal bei 5 Mikrogramm pro Liter. Im Zuge der Trinkwasseraufbereitung ist eine Reduzierung wahrscheinlich. Wie Untersuchungen an Trinkwasser-Installationen mit Epoxidharzbeschichtung zeigen, kommt in kaltem Leitungswasser kein Bisphenol A vor. Die Konzentrationen in beschichteten Warmwasserleitungen können hingegen bei mehr als 30 Mikrogramm pro Liter liegen.
Risiken von Bisphenol A für die menschliche Gesundheit
Ein Risiko für die menschliche Gesundheit stellt Bisphenol A aufgrund seiner hormonähnlichen Wirkung dar. Es kann hauptsächlich bei Männern zu Fortpflanzungs- und Entwicklungsstörungen führen.
Endokrine Disruptoren, zu denen Bisphenol A gehört, können die Fortpflanzungsfähigkeit mindern, die Entwicklung des menschlichen Organismus beeinträchtigen und die Entstehung von verschiedenen Tumoren fördern.
Bisphenol A kann die Wirkung weiblicher Sexualhormone verstärken und männliche Sexualhormone sowie Schilddrüsenhormone in ihrer Wirkung hemmen. Männer, die einer erhöhten Konzentration von Bisphenol A ausgesetzt sind, beispielsweise bei der Arbeit, können unter einer verminderten Libido sowie Erektions- und Ejakulationsstörungen leiden. Eine hohe Konzentration von Bisphenol A in Lebensmitteln oder in der Umgebung kann möglicherweise die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus begünstigen.
Mögliche Alternativen zu Bisphenol A
Für Thermopapier dürfen Stoffe mit Bisphenol A nicht mehr als Entwicklersubstanz verwendet werden. Als Alternative zu Bisphenol A wird teilweise bereits Bisphenol S verwendet. Auch Bisphenol M ist als Alternative im Gespräch. Allerdings sieht das Umweltbundesamt in diesen Stoffen keine geeignete Alternative zu Bisphenol A, da sie eine ähnliche chemische Struktur wie Bisphenol A haben und daher auch hormonell wirksame Effekte aufweisen können. Ob sich Bisphenol S oder Bisphenol M tatsächlich als Alternativen zu Bisphenol A eignen, wird gegenwärtig noch untersucht.