
Ganzheitliche Erfassung und Bewältigung von Hochwasserrisiken | Foto: ©Mario Hoesel #29371336 – stock.adobe.com
Hochwasser ist ein natürliches Ereignis, das regelmäßig auftritt und für das Abflussverhalten von Flüssen charakteristisch ist. Die Menschen beeinflussen mit der Gestaltung ihrer Umwelt die Entstehung von Hochwasser, den Verlauf und die Auswirkungen. Auch der Klimawandel mit langen Regenperioden und Starkregen trägt zum Hochwasser bei. In der Nähe von Flüssen und deren Einzugsgebieten können schwerwiegende Schäden entstehen, wie Hochwasserereignisse aus der jüngeren Vergangenheit beweisen. Das Ahrtal-Hochwasser vom Juli 2021 forderte Todesopfer und verursachte schwerwiegende wirtschaftliche und finanzielle Schäden. Um solche Schäden künftig zu vermeiden, ist die ganzheitliche Erfassung des Hochwasserrisikos wichtig. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben bereits 2007 eine Richtlinie über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken erarbeitet. Auf dieser Basis haben auch einige Bundesländer ihre Hochwasserrichtlinien aufgestellt.
Was bedeutet Hochwasserrisikomanagement?
Hochwasser wird es immer geben, da es ein Naturereignis ist. Es kommt jedoch auf den richtigen Umgang damit an. Hier greift das Hochwasserrisikomanagement, das mit der Bewertung des Hochwasserrisikos beginnt. Für die ganzheitliche Bewertung des Hochwasserrisikos müssen Flüsse und größere Seen als Einheit über ihren gesamten Verlauf von der Quelle bis zur Mündung betrachtet werden. Das Ziel des Hochwasserrisikomanagements besteht in der Reduzierung der Risiken von Hochwasser für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, wirtschaftliche Tätigkeiten, Sachwerte und das Kulturerbe.
Als Naturereignisse lassen sich Hochwasser nicht verhindern, doch die Menschen müssen sich darauf einstellen, um die Folgen zu reduzieren.
Die Anlieger an Gewässern sollten wissen, wo bei Hochwasser Überschwemmungen auftreten können und welche Einrichtungen am stärksten gefährdet sind. Die Auswirkungen von Hochwasser lassen sich mit den entsprechenden Maßnahmen verringern. Hochwasserschäden entstehen erst dann, wenn Menschen, Umwelt, Sachwerte oder Kulturgüter betroffen sind.

Hochwasser wird es immer geben, da es ein Naturereignis ist | Foto: ©MIKHAIL #442416575 – stock.adobe.com
Richtlinie der EU über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken
Als natürliches Phänomen lässt sich Hochwasser nicht verhindern. Allerdings haben Hochwasser das Potenzial, Todesfälle und die Umsiedlung von Personen aus gefährdeten Gebieten zu fordern. Sie können die wirtschaftliche Entwicklung ernsthaft gefährden, die wirtschaftliche Tätigkeit behindern und zu Umweltschäden führen. Aus diesem Grund haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union bereits im Jahr 2007 eine Richtlinie über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken erarbeitet. Diese Richtlinie bildet den Rahmen für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken, um die hochwasserbedingten Folgen für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, die Gemeinschaft, die wirtschaftliche Tätigkeit und das Kulturerbe zu verringern.
Die Richtlinie beschreibt die vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos durch die EU-Mitgliedsstaaten, die Erstellung von Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten sowie die Erarbeitung von Hochwassermanagementplänen. Sie ist die rechtliche Grundlage des Hochwassermanagements.
Auf der Grundlage der EU-Richtlinie hat das Umweltbundesamt eine Broschüre zur Information über Hochwasser und das Hochwassermanagement herausgebracht. Hochwasserrisiko-Managementpläne wurden auch von einigen Bundesländern und für Flussgebietseinheiten wie die Oder erarbeitet.

Hochwasser können die wirtschaftliche Entwicklung ernsthaft gefährden, die wirtschaftliche Tätigkeit behindern und zu Umweltschäden führen | Foto: ©mbruxelle #169465415 – stock.adobe.com
Risikobewertung als erste Stufe des Hochwasserrisikomanagement-Plans
Die Risikobewertung ist vorläufig und umfasst eine grobe Bestandsaufnahme. So können Gewässerabschnitte ermittelt werden, an denen ein hohes Risiko für Hochwasser besteht. Im Ergebnis wird eine Risikokulisse erstellt, die regelmäßig fortzuschreiben ist.
Die EU-Richtlinie zum Hochwasserrisikomanagement sieht die vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos auf der Grundlage verfügbarer und leicht abzuleitender Informationen vor. Dabei sind auch Studien zu langfristigen Entwicklungen heranzuziehen.
Eine wichtige Rolle spielen Studien zu den Auswirkungen von Klimaveränderungen auf das Auftreten von Hochwasser.
Anhand der vorliegenden Informationen über Hochwasser in der Vergangenheit müssen die potenziellen Folgen von künftigen Hochwassern für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und die wirtschaftliche Tätigkeit bewertet werden. Die Lage von Wasserläufen, die Topografie, die hydrologischen und geomorphologischen Merkmale von Wasserläufen sind zu berücksichtigen. Dabei müssen auch Überschwemmungsgebiete als natürliche Retentionsflächen und die Wirksamkeit von bereits vorhandenen Hochwasserabwehrinfrastrukturen bewertet werden.
Bei internationalen Flussgebietseinheiten wie der Oder müssen die Mitgliedsstaaten den Austausch relevanter Informationen zwischen den zuständigen Behörden sicherstellen.
Erstellung von Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten
Die Richtlinie der EU zum Hochwasserrisikomanagement sieht für Gewässer mit besonderem Hochwasserrisiko die Erstellung von Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten vor. Anhand dieser Karten lässt sich abschätzen, welche Gebiete wie häufig und wie stark von Hochwasser betroffen sind.
Die Mitgliedsstaaten der EU erstellen auf der Ebene der Flussgebietseinheiten oder der Bewirtschaftungseinheiten Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten. Für Gebiete, die von mehreren EU-Mitgliedsstaaten geteilt werden, muss eine Abstimmung unter diesen Staaten erfolgen, bevor solche Karten erstellt werden.
Mit Hochwassergefahrenkarten werden geografische Gebiete erfasst, für die eine Gefahr der Überflutung besteht. Dabei sind das Ausmaß der Überflutung, die Wassertiefe sowie der Wasserstand und gegebenenfalls die Fließgeschwindigkeit oder der relevante Wasserabfluss zu erfassen.
Hochwasserrisikokarten erfassen die potenziellen hochwasserbedingten Folgen. Dabei muss die Anzahl der potenziell betroffenen Einwohner als Orientierungswert angegeben werden. Weiterhin ist die Art der wirtschaftlichen Tätigkeiten im betroffenen Gebiet anzugeben.

Die Richtlinie der EU zum Hochwasserrisikomanagement sieht für Gewässer mit besonderem Hochwasserrisiko die Erstellung von Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten vor | Foto: ©ChrisTYCat #1144077074 – stock.adobe.com
Hochwasserrisikomanagement-Pläne zur Bewältigung des Hochwasserrisikos
Hochwasserrisikomanagement-Pläne werden auf der Grundlage der Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten erstellt. In diesen Plänen sind konkrete Ziele und Maßnahmen zur Reduzierung des Hochwasserrisikos an den Risikogewässern enthalten. Solche Maßnahmen beginnen bei Vorsorgemaßnahmen, umfassen den technischen Hochwasserschutz und enthalten auch Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Ereignisfall. Bei der Erarbeitung von Hochwasserrisikomanagement-Plänen muss ein fortlaufender Risikodialog mit den Betroffenen erfolgen.
In den Hochwasserrisikomanagement-Plänen müssen alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden, zu denen Kosten und Nutzen der Maßnahmen, Ausdehnung der Überschwemmung auf Hochwasserabflusswege, umweltbezogene Ziele, Raumordnung, Flächennutzung, Bodennutzung, Wasserwirtschaft, Naturschutz, Schifffahrt und Hafeninfrastruktur gehören.
Ein Hochwasserrisikomanagement-Plan beschreibt den Umgang mit dem Hochwasserrisiko in einem zusammenhängenden Flussgebiet.
Er legt fest, wie die verschiedenen beteiligten Akteure das Risiko verringern sollen, und enthält Maßnahmen zur Risikovermeidung, zum Schutz, zur Vorsorge und zur Nachsorge.
Möglichkeiten des Hochwasserrisikomanagements
Ein Hochwasserrisikomanagement-Plan ist ganzheitlich und muss alle Aspekte des Hochwasserrisikomanagements berücksichtigen:
- Risikovermeidung
- Schutz und Vorsorge vor Hochwasser
- Wiederherstellung, Regeneration und Überprüfung nach einem Hochwasser
Am Hochwasserrisikomanagement sind zahlreiche Gruppen beteiligt:
- Wirtschaft
- Wasserwirtschaft
- Versicherungen
- Verkehr und Schifffahrt
- Raumordnung
- Naturschutz
- Land- und Forstwirtschaft
- Kommunale Planung
- Örtliche Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz
- Energiewirtschaft und Wasserkraft
- Denkmalschutz
- Bürger
Alle diese Gruppen müssen beim Hochwasserrisikoschutz eng zusammenarbeiten. Beim Hochwasserrisikomanagement bestehen abhängig von den regionalen Gegebenheiten verschiedene Möglichkeiten. Um Folgeschäden durch Hochwasser abzuwenden oder so gering wie möglich zu halten, ist es wichtig, rechtzeitig die entsprechenden Maßnahmen zu treffen.
Einem Fluss kann mehr Raum gegeben werden. Um Schäden durch Hochwasser zu vermeiden, kann eine Flächenvorsorge für mehr Überschwemmungsflächen getroffen werden. Die Nutzung der Flächen in Überschwemmungsgebieten wird eingeschränkt, beispielsweise durch ein Neubauverbot.
Um Schadenspotenziale zu minimieren, sollte die Siedlungsentwicklung gesteuert werden. In den Überschwemmungsgebieten werden keine neuen Baugebiete ausgewiesen. Bestehende Gebäude werden besser an die Gefährdung durch Hochwasser angepasst, indem sie besser geschützt werden und eine Hausentwässerung erfolgt.
Der natürliche Wasserrückhalt lässt sich stärken, indem Hochwasser dezentral zurückgehalten wird. Das gelingt, indem der Boden als natürlicher Wasserspeicher erhalten und gepflegt wird. So kann Niederschlag in der Fläche zurückgehalten werden. Wichtig ist die Schaffung von Überflutungsflächen.
Durch den Ausbau von Flüssen als Transportwege steigt das Hochwasserrisiko, da der Retentionsraum verlorengeht. Für eine umweltfreundliche Gestaltung der Schifffahrt ist eine Überprüfung des Flussausbaus erforderlich.
Neben dem technischen Hochwasserschutz kommt es auf die Erhöhung des Hochwasserbewusstseins in der Bevölkerung an, damit die Anwohner über die Risiken informiert sind und entsprechend handeln können. Bei der Gefahr von Hochwasser sollten die Bürger rechtzeitig ihre Versorgung planen und Kinder sowie hilfsbedürftige Personen aus den gefährdeten Gebieten in Sicherheit bringen. Gefährdete Bereiche sind zu räumen.