
Wie gefährlich sind Cyanotoxine? | Foto: ©123M #92652496 – stock.adobe.com
Cyanotoxine sind giftige Stoffe, die von Cyanobakterien produziert werden. Der Unterschied von Cyanobakterien zu anderen Bakterien besteht darin, dass sie zur oxygenen Photosynthese fähig sind. Häufig werden Cyanobakterien als Blaualgen bezeichnet, da sie Photosynthese betreiben und an Algen erinnern. Sie produzieren ein blaugrünes Phycocyanin, das ihnen die charakteristische Farbe verleiht. Es handelt sich dabei jedoch nicht um Algen. Anders als Algen enthalten Cyanobakterien keinen echten Zellkern. In den Sommermonaten wird häufig vor Blaualgen in Badegewässern gewarnt. Die von ihnen produzierten Cyanotoxine können auf verschiedene Weise die Gesundheit von Menschen und Tieren beeinträchtigen und zu Beschwerden führen.
Was sind Cyanobakterien?
Cyanobakterien werden häufig als Blaualgen bezeichnet und kommen oft in Oberflächengewässern wie Teichen, Seen oder strömungsarmen Flüssen vor. Es handelt sich um photosynthetische Organismen, also um Organismen, die Wasser, Kohlendioxid und Sonnenlicht nutzen, um daraus Sauerstoff und Glucose herzustellen. Sie verfügen über Chloroplasten, die für die Photosynthese verantwortlich sind. Die Chloroplasten sind die Träger des grünen Farbstoffs Chlorophyll. Das Chlorophyll ist auch für die grüne Farbe in Gewässern verantwortlich, die auf die Belastung mit Cyanobakterien hindeutet. Von der charakteristischen blaugrünen Farbe leitet sich auch der Begriff „Blaualgen“ ab. Für die blaugrüne Farbe ist das Pigment Phycocyanin verantwortlich.
Einige Arten der Cyanobakterien produzieren die gefährlichen Cyanotoxine, die für Menschen und Tiere schädlich sein können.
Tritt eine Art von Cyanobakterien massenhaft in einem Gewässer auf, ist von einer Algenblüte die Rede, obwohl es sich nicht um Algen handelt. Das Wasser ist dann stark mit Cyanotoxinen angereichert. Es kann zu Vergiftungsfällen bei Menschen und Tieren kommen.

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Wie gelangen Cyanobakterien in die Gewässer?
Cyanobakterien sind natürliche Teile der Lebensgemeinschaften von Organismen in Seen und Flüssen. Sie kommen vor allem bei warmem Wetter verstärkt in nährstoffreichen Gewässern vor, da sie dann stark wachsen. Cyanobakterien können abhängig von der Wetterlage auch an der Oberfläche von Gewässern treiben und Schwimmteppiche bilden. Der Wind kann solche Schwimmteppiche am Ufer zusammentreiben. Da das sehr schnell erfolgen kann, ist eine Vorhersage dazu kaum möglich.

Cyanobakterien sind natürliche Teile der Lebensgemeinschaften von Organismen in Seen und Flüssen | Foto: ©Mps197 #219874727 – stock.adobe.com
Was sind Cyanotoxine?
Cyanotoxine sind Giftstoffe, die von einigen Cyanobakterien produziert werden. Die Cyanotoxine belasten das Trinkwasser und können bei der Freizeitnutzung belasteter Gewässer eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen.
Abhängig von ihren chemischen Eigenschaften werden Cyanotoxine in Peptide, zu denen Microcystine zählen, Lipopolysaccharide und Alkaloide, zu denen Anatoxine gehören, eingeteilt.
Eine Einteilung der Cyanotoxine erfolgt auch abhängig von der Wirkungsweise und der Gesundheitsgefährdung:
- Lebergifte oder Hepatotoxine, darunter Nodularin und Microcystine
- Zellgifte oder Zytotoxine wie Cylindrospermopsine
- Nervengifte oder Neurotoxine, darunter Saxitoxine oder Anatoxine
- Hautgifte oder Dermatoxine, darunter Lyngbyatoxin oder Aplysiatoxin
- entzündlich wirkende Substanzen, zu denen Lipopolysaccharide gehören
Gefahren von Cyanotoxinen
Wie gefährlich Cyanotoxine sind, hängt von deren Art und deren Konzentration ab. In deutschen Badeseen können verschiedene Cyanotoxine auftreten. Am häufigsten kommen Microcystine als Microcystin-LR, Microcystin-RR und Microcystin-YR vor. Dabei handelt es sich um Lebergifte. Da sie in der Hälfte der Cyanobakterien-Massenentwicklungen in deutschen Binnengewässern vorkommen, gelten sie als Leitsubstanzen bei der Überprüfung der Wasserqualität. Zumeist liegen Microcystine zellgebunden vor. Sie werden beim Absterben der Zelle freigesetzt. Der biologische Abbau kann wenige Tage bis zwei Wochen dauern.
- In Tierversuchen zeigten Microcystine Schädigungen von Leber, Nieren und Dünndarm. Die Aufnahme in die Zellen erfolgt über ein Gallensäuretransportsystem, das sich in den Leberzellen und zu geringen Teilen im Darmgewebe befindet. Sie schädigen die Leberzellen und Leberkapillaren. In der Folge kommt es zu Blutungen in der Leber, Herzversagen und Tod.
- Nodularine zählen ebenfalls zu den Lebergiften. Sie gelten als karzinogen und tumorfördernd. Auch Nodularine können akute Leberschädigungen hervorrufen. In hoher Konzentration können sie tödlich sein. Tierexperimentelle Studien mit Microcystinen und Nodularinen zeigen abhängig von der Dosis Gewichtsabnahme, funktionale und strukturelle Leberveränderungen, Einblutungen, Gewebenekrosen und Erhöhung der Leberenzyme.
- Cylindrospermopsin ist ein Zellgift, das bei akuter Intoxikation zu Leberschäden, aber auch zu Schäden anderer Organe wie Nieren, Nebennieren, Lunge und Herz führt. Das Cyanotoxin deutet auf Karzinogenität hin und gilt als gentoxisch.
- Anatoxine gehören zu den Nervengiften und übertragen Reizen zwischen Nerv und Muskel. Bei einer akuten Vergiftung kommt es zur Überstimulation und Lähmung von Muskeln. Schlimmstenfalls tritt ein Atemstillstand ein. Es führt zur Lähmung der Atemmuskeln.
- Paralytic Shellfish Poisons sind ebenfalls Nervengifte und unterbrechen die Signalleitung zwischen Nerven und Muskeln. Nehmen Tiere und Menschen eine hohe Konzentration davon auf, kommt es zum Tod durch Atemlähmung. Menschen scheiden solche Gifte vergleichsweise schnell wieder aus. Eine Vergiftung von Menschen mit Wasser, in dem Paralytic Shellfish Poisons enthalten sind, ist bislang nicht bekannt. Bei Tieren wurden jedoch Todesfälle festgestellt.
- Lynbyatoxin und Aplysiatoxin sind Hautgifte, die zu Hautreizungen führen können. Lynbyatoxin gilt als Tumorpromotor.
- Lipopolysaccharide sind entzündlich wirkende Substanzen und können zu schweren physiopathologischen Effekten führen. Solche Effekte sind Fieber, septischer Schock und multiples Organversagen. Eindeutige Hinweise, dass sie für unspezifische Symptome wie Haut- oder Schleimhautreizungen oder gastrointestinale Beschwerden verantwortlich sind, liegen nicht vor.

Am häufigsten kommen Microcystine als Microcystin-LR, Microcystin-RR und Microcystin-YR vor | Foto: ©nicemyphoto #233006516 – stock.adobe.com
Vergiftungserscheinungen durch Cyanotoxine
Menschen können Cyanotoxine aufnehmen, wenn sie bei Wassersportarten mit hohem Wasserkontakt wie Schwimmen, Tauchen, Kopfsprung, Windsurfen oder Wasserskifahren Wasser mit einer hohen Konzentration von Cyanobakterien schlucken. Es kann zu Übelkeit, Durchfall, aber auch Entzündungen von Augen, Ohren und Hals kommen. Unwahrscheinlich ist eine Aufnahme von Cyanotoxinen beim Menschen über die Haut. Dennoch sind Hautreizungen oder allergische Reaktionen möglich. Schlimmstenfalls können Menschen an Magen-Darm-Erkrankungen oder Atemwegserkrankungen leiden.
Schlucken Kinder viel Wasser mit einer hohen Konzentration an Cyanobakterien, kann das lebensgefährlich werden.
Lecken sich Hunde und andere Tiere nach dem Baden das Wasser aus dem Fell, können die Cyanobakterien für sie tödlich sein. Hunde können auch sterben, wenn sie verrottendes Blütenmaterial vom Ufer fressen, in dem Cyanobakterien enthalten sind.
Schäden durch Cyanotoxine vermeiden
Das Umweltbundesamt hat Richtwerte für eine zulässige Belastung von Gewässern mit Cyanotoxinen festgelegt. Die Behörden überprüfen in Deutschland regelmäßig die ausgewiesenen Badestellen. Sie informieren und warnen, wenn eine starke Trübung oder Algenblüte auftreten, aber auch, wenn die Konzentration von Microcystin höher als 100 Mikrogramm pro Liter ist.
Eine hohe Belastung der Gewässer mit Cyanotoxinen lässt sich vermeiden, indem der Nährstoffeintrag durch Düngemittel oder Gülle verhindert wird.
Wer eine starke Wassertrübung oder Algenblüte bemerkt, sollte in diesem Gewässer keinen Wassersport betreiben und auch den Hund nicht baden lassen. Nach dem Baden sind gründliches Duschen und Reinigung der Badebekleidung wichtig, um Hautreizungen zu vermeiden. Bei Reizerscheinungen, Entzündungen oder anderen Beschwerden sollten Betroffene möglichst zeitnah einen Arzt konsultieren und auch das Gesundheitsamt informieren.
Haben Hunde Wasser geschluckt, das mit Cyaonotoxinen kontaminiert ist, sollte der Tierarzt konsultiert werden. Er kann eine Magenentleerung vornehmen.