
Anforderungen an die Novellierung der Klärschlammverordnung unter besonderer Berücksichtigung von Hygieneparametern | Foto: ©digidreamgrafix #447198260 – stock.adobe.com
Die Klärschlammverordnung (AbfKlärV) regelt in Deutschland die Behandlung und Verwertung von Klärschlamm, der als Nebenprodukt der Abwasserreinigung anfällt. Eine Novellierung dieser Verordnung ist unerlässlich, um aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und technologischen Entwicklungen gerecht zu werden. Besonders die Hygieneparameter spielen eine entscheidende Rolle, da sie maßgeblich sind für den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit.
Aktueller Stand der Klärschlammverordnung
Die derzeitige Klärschlammverordnung stammt aus dem Jahr 1992 und legt, ergänzend zu den Vorgaben der Düngemittelverordnung (DüMV), Anforderungen an die Verwertung von Klärschlämmen zu landwirtschaftlichen Düngungszwecken fest. Sie enthält Vorschriften zu Schadstoffgrenzwerten, Untersuchungen der Bodenqualität sowie zur mengenmäßigen Begrenzung der Klärschlammaufbringung.
Bestimmte Flächen, wie Anbauflächen für Obst und Gemüse oder Wasserschutzgebiete, sind von der Klärschlammverwertung ausgeschlossen.
Die Regelungen sollen sicherstellen, dass durch die Nutzung von Klärschlamm als Dünger keine unvertretbaren Risiken für Mensch und Umwelt entstehen.

Die derzeitige Klärschlammverordnung stammt aus dem Jahr 1992 | Foto: ©Mulderphoto #275072224 – stock.adobe.com
Notwendigkeit der Novellierung
Seit der letzten Novellierung haben sich sowohl die Zusammensetzung des Abwassers als auch die Anforderungen an den Umweltschutz erheblich verändert. Neue Schadstoffe wie Mikroplastik, Arzneimittelrückstände und resistente Krankheitserreger stellen Herausforderungen dar, die bisher nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass pathogene Keime im Klärschlamm überleben und über die landwirtschaftliche Nutzung in die Umwelt und potenziell in die Nahrungskette gelangen können.
Zudem ist die öffentliche Akzeptanz für die Klärschlammverwertung gesunken, insbesondere aufgrund von Berichten über antibiotikaresistente Bakterien und Schwermetalle in Klärschlämmen. Eine Novellierung muss daher nicht nur Umwelt- und Gesundheitsaspekte strenger regeln, sondern auch das Vertrauen in die Klärschlammverwertung wiederherstellen.
Bedeutung der Hygieneparameter
Hygieneparameter spielen eine zentrale Rolle bei der Bewertung der mikrobiologischen Sicherheit von Klärschlamm. Zu den wichtigsten Indikatoren gehören:
- Pathogene Bakterien wie Salmonellen, Escherichia coli und Clostridium perfringens, die schwere Infektionen verursachen können.
- Viren wie Noroviren und Hepatitis-A-Viren, die durch kontaminierten Klärschlamm auf Nutzpflanzen oder in Gewässer übertragen werden können.
- Parasiten wie Giardia und Cryptosporidium, die insbesondere für Menschen mit geschwächtem Immunsystem ein Risiko darstellen.
- Antibiotikaresistente Keime, die sich in Klärschlämmen vermehren und die Resistenzproblematik in der Medizin verschärfen können.
Die aktuelle Klärschlammverordnung setzt bereits gewisse Grenzwerte für einige dieser Parameter fest, doch diese sind veraltet und berücksichtigen nicht die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Hygieneparameter spielen eine zentrale Rolle bei der Bewertung der mikrobiologischen Sicherheit von Klärschlamm | Foto: ©Horst Bingemer #190773109 – stock.adobe.com
Anforderungen an eine novellierte Verordnung
Um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden, sollten folgende Aspekte in der Novellierung der Klärschlammverordnung berücksichtigt werden:
- Verschärfung der Grenzwerte für pathogene Mikroorganismen
Die derzeitigen mikrobiellen Grenzwerte müssen überarbeitet und an den neuesten Stand der Wissenschaft angepasst werden. Es sollten einheitliche und strenge Vorgaben für die Höchstkonzentration von Bakterien, Viren und Parasiten im Klärschlamm festgelegt werden. - Verpflichtende Hygienisierungsverfahren
Um eine sichere Klärschlammverwertung zu gewährleisten, müssen Hygienisierungsverfahren zur Abtötung pathogener Mikroorganismen verpflichtend vorgeschrieben werden.
Dazu gehören:- Thermische Behandlung: Erhitzung des Klärschlamms auf mindestens 70°C für eine bestimmte Zeitdauer, um Mikroorganismen abzutöten.
- Kompostierung: Natürlicher Abbau organischer Substanzen unter aeroben Bedingungen bei hohen Temperaturen, die pathogene Keime eliminieren.
- Kalkstabilisierung: Zugabe von Kalk zur pH-Wert-Erhöhung, wodurch Keime abgetötet werden.
- Regelmäßige Überwachung und Dokumentation
Eine kontinuierliche und transparente Kontrolle der Hygieneparameter ist essenziell. Aus disem Grund sollten verpflichtende und standardisierte Untersuchungen eingeführt werden, die von unabhängigen Instituten durchgeführt und behördlich dokumentiert werden. - Strengere Regelungen für antibiotikaresistente Keime
Antibiotikaresistenzen stellen eine der größten Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit dar. Daher sollte Klärschlamm routinemäßig auf resistente Keime untersucht und nur dann zur landwirtschaftlichen Nutzung freigegeben werden, wenn er als unbedenklich gilt. - Förderung von Forschung und Entwicklung
Die Forschung zur Klärschlammhygienisierung sollte gefördert werden, um innovative Verfahren zu entwickeln, die effizient und nachhaltig sind. Darüber hinaus sollten Langzeitstudien zur Umweltverträglichkeit von Klärschlamm durchgeführt werden. - Sensibilisierung und Schulung von Landwirten
Landwirte müssen umfassend über die Risiken und richtigen Anwendungspraktiken im Umgang mit Klärschlamm informiert und aufgklärt werden. Regelmäßige Schulungen tragn dazu bei, die Sicherheit der landwirtschaftlichen Nutzung zu erhöhen und Fehlanwendungen zu vermeiden.
Fazit
Die Novellierung der Klärschlammverordnung ist erforderlich, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Klärschlammverwertung gerecht zu werden. Insbesondere die Berücksichtigung von Hygieneparametern ist entscheidend, um die Umwelt und die Gesundheit von Mensch und Tier nachhaltig zu schützen.
Durch eine Kombination aus strengeren Grenzwerten, verpflichtenden Hygienisierungsverfahren, einer umfassenden Überwachung und verstärkter Forschung kann eine sichere und nachhaltige Klärschlammverwertung gewährleistet werden.
Gleichzeitig sind Aufklärung und Schulung der Anwender notwendig, um das Vertrauen in diese Praxis zu stärken. Eine moderne, wissenschaftlich fundierte Klärschlammverordnung ist somit ein essenzieller Baustein für den nachhaltigen Umgang mit diesem wichtigen Sekundärrohstoff.