
Methodische Probleme bei der Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik | Foto: ©Martin Bergsma #559774955 – stock.adobe.com
Das Ziel der EU-Chemikalienpolitik besteht im Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor den Gefahren durch Chemikalien. Die REACH-Verordnung, die Regulierung von Pestiziden und Bioziden sowie die Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit sind wichtige Instrumente dafür. Mit ihrer Chemikalienpolitik will die EU auch die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie fördern. Die EU-Chemikalienpolitik für Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt. Sie sieht bis 2050 eine schadstofffreie Umwelt vor. Der Europäische Grüne Deal strebt eine nachhaltige klimaneutrale Kreislaufwirtschaft an.
Die Grundlagen für eine neue Stoffpolitik in der EU hat die Europäische Kommission bereits 2001 in einem Weißbuch formuliert. Bei der Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik treten methodische Probleme auf.
Erfassung der wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik
Die EU-Chemikalienpolitik soll die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie fördern und nicht nur vor den Gefahren von Chemikalien schützen, sondern auch positive wirtschaftliche Auswirkungen haben. Für die ökonomische Wirtschaftsanalyse der EU-Chemikalienpolitik gibt es verschiedene Ansatzpunkte. Wichtige Wirkungszusammenhänge der EU-Chemikalienpolitik und der Wirtschaft bestehen in Wettbewerb, Innovation, Kosten- und Preisstrukturen sowie Nachfragebedingungen.
Ein wichtiger Bestandteil der EU-Chemikalienpolitik ist die REACH-Verordnung, die 2007 in Kraft getreten ist. Sie soll ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sichern. Gleichzeitig soll sie den freien Verkehr von Chemikalien auf dem Binnenmarkt gewährleisten. Sie soll Innovation und Wettbewerbsfähigkeit fördern. Der Grundsatz von REACH besteht darin, dass die Verantwortung für die Chemikalien bei Herstellern, Importeuren und nachgeschalteten Anwendern liegt. Die hergestellten und in den Verkehr gebrachten Chemikalien müssen sicher verwendet werden. REACH ist die Abkürzung für Regulation concerning the Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals. Das bedeutet Verordnung über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien. Die REACH-Verordnung ist eines der strengsten Chemikaliengesetze weltweit.
Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik zu untersuchen und zu bewerten, ist es wichtig, die Auswirkungen des REACH-Systems auf die unternehmerischen Wertschöpfungsketten zu prüfen.
Die generierten Informationen liefern wichtige Hinweise auf die relative Bedeutung verschiedener Parameter der EU-Chemikalienpolitik. Die Einführung und Umsetzung des REACH-Konzepts können damit verbessert werden. Übermäßige Härten für bestimmte Wertschöpfungsbereiche und Produktgruppen lassen sich damit vermeiden. Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik zu bewerten, besteht jedoch noch erheblicher Untersuchungsbedarf.

Ein wichtiger Bestandteil der EU-Chemikalienpolitik ist die REACH-Verordnung, die 2007 in Kraft getreten ist. Sie soll ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sichern | Foto: ©Ricochet64 #662264891 – stock.adobe.com
Vorgehensweise der Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik
Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik zu bewerten, sind verschiedene Ansätze erforderlich:
Das Untersuchungsumfeld muss erweitert werden, indem wichtige Wirkungsketten einbezogen werden. Dabei geht es um:
- Kreislaufzusammenhänge
- Positive Innovationsauswirkungen
- Zukünftige sich abzeichnende Nachfragemuster und Markttrends
- Volkswirtschaftlichen Nutzen der REACH-Verordnung
Eine Verifizierung grundlegender Wirkungshypothesen ist notwendig. Die Plausibilität der verwendeten Wirkungshypothesen muss überprüft werden. Die Kosten für die Risikobewertung erscheinen den Experten mitunter zu hoch. Daher können nicht an jedem Arbeitsplatz Untersuchungen erfolgen. Die Kosten für die Stoffcharakterisierungen könnten begrenzt werden, da in Unternehmen der chemischen Industrie oft ein Minimaldatensatz für die verschiedenen Stoffe vorhanden ist. Ein Problem ist auch der Zeitfaktor bei der Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik.
Im Fall einer Situation ohne Reform der EU-Chemikalienpolitik muss ein Referenzmaßstab festgelegt werden. Häufig wird eine Szenariotechnik eingesetzt, bei der zwei Szenarien beschrieben und verglichen werden. Ein Referenzszenario stellt die Entwicklung ohne die zu untersuchenden Maßnahmen dar. Ein Politikszenario unterscheidet sich durch diese Maßnahmen vom Referenzszenario. Ein Problem besteht darin, dass nicht feststellbar ist, ob die Effekte auch ohne das REACH-Konzept eintreten würden.
Im Rahmen einer dynamischen Wirtschaft sind Überlegungen zu den Wirkungshypothesen notwendig. Das erfordert eine dynamische Betrachtungsweise. Die Aussagekraft von Szenarioberechnungen und Modellen kann mit der Berücksichtigung der Dynamik wirtschaftlicher Prozesse und Entwicklungen deutlich erhöht werden.

Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik zu bewerten, sind verschiedene Ansätze erforderlich | Foto: ©mewaji #253721319 – stock.adobe.com
Methodische Ansätze bei der Erfassung der wirtschaftlichen Effekte der EU-Chemikalienpolitik
Ein Problem bei der methodischen Betrachtung der wirtschaftlichen Effekte der EU-Chemikalienpolitik besteht in der Informationsbeschaffung und Datenaggregation. Empirische Studien müssen herangezogen werden, bei denen die Beziehungen zwischen einer umweltrelevanten Regulierung und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens, eines Landes, einer Staatengemeinschaft oder eines Sektors untersucht werden. Die wissenschaftliche Literatur ist dabei stark von den USA bestimmt. Angesichts der Komplexität der Wirkungszusammenhänge gibt es kaum Hochrechnungen.
Bei den wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik müssen Kosten, Zeit, Umsätze, Gewinne, Standortentscheidungen und Wertschöpfungsketten berücksichtigt werden. Einzelne Fallstudien und belastendes Datenmaterial können herangezogen werden. Weiterhin ist eine Befragung von Unternehmen und Behörden möglich. Die Methodik umfasst die Hypothesenüberprüfung und Techniken der qualitativen Sozialforschung.
Um die Auswirkungen auf Branchen und Sektoren zu ermitteln, werden amtliche Statistiken und Schätzungen herangezogen und Regressionsanalysen durchgeführt.
Um eine wissenschaftlich aussagekräftige Informationsbasis zu erhalten, kommt es auf eine statistisch signifikante Anzahl und Auswahl der Befragten an. Bei der Ergebnisinterpretation ist die Qualität der Antworten zu berücksichtigen. Die Gefahr strategischen Antwortverhaltens bei den Befragten darf nicht ignoriert werden.
Schwachstellen können bei der Operationalisierung der Daten für das Kalkulationsmodell auftreten:
- Tendenz zur Überschätzung beim Industriefaktor
- Lineare Beziehung zwischen den Komponenten eines Industriefaktors und den zu ermittelnden Produktionsverlusten ist nicht immer zwangsläufig
- Industriefaktor basiert auf ordinal skalierten Umfrageergebnissen
- Innovations- und Produktlebenszyklen hängen auch von den Bedingungen der Markteinführung und der Konkurrenz ab
- Zeit wird nicht modelliert
- Modellstruktur kann nicht thematisierte lineare Festsetzungen enthalten
- Proportionale Umrechnung von Produktions- und Arbeitsplatzverlusten überzeugt nicht immer
Methodische Weiterentwicklung der Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik
Um die methodischen Probleme bei der Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Chemikalienpolitik zu bewältigen, kommt es auf eine methodische Weiterentwicklung der Bewertung an. Dazu gehört eine erweiterte mikroökonomische Betrachtungsweise. Die Wirtschaftsbereiche und die Sparten, die am stärksten positiv oder negativ von der EU-Chemikalienpolitik betroffen sind, müssen vertieft untersucht werden. Zur meso- und makroökonomischen Ebene muss ein Brückenschlag erfolgen.