
Geo-Engineering: Wirksamer Klimaschutz oder Größenwahn? | Foto: ©Anton Balazh #242646909 – stock.adobe.com
Um das Klima zu schützen, wurden inzwischen zahlreiche Strategien entwickelt. Durch den Menschen verursachte Treibhausgasemissionen sollen verhindert werden. Weiterhin kommt es auf die Anpassung von Mensch und Umwelt an die unvermeidbare Klimaveränderung durch entsprechende Maßnahmen an. Geo-Engineering gewinnt immer mehr an Bedeutung. Das Umweltbundesamt hat bereits 2011 untersucht, ob großtechnische Eingriffe in globale ökologische Abläufe tatsächlich dem Klimaschutz dienen oder ob sie nur Größenwahn sind. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stellt in einer aktuelleren Untersuchung Geo-Engineering und ökologischen Klimaschutz gegenüber. Für das Geo-Engineering wurden bereits verschiedene Maßnahmen entwickelt. Emissionen lassen sich damit jedoch nicht wirksam mindern.
Was ist Geo-Engineering?
Beim Geo-Engineering handelt es sich um bewusste und zielgerichtete Eingriffe in das Klimasystem, die meistens in großem Maßstab durchgeführt werden. Ziel dieser Eingriffe ist die Milderung der vom Menschen gemachten Klimaerwärmung. Geo-Engineering kann nicht die menschengemachten Treibhausgasemissionen als Ursache des Klimawandels bekämpfen, sondern beeinflusst und mindert die Auswirkungen. Zumeist werden diese Eingriffe in zwei Gruppen eingeteilt:
- Maßnahmen zur Beeinflussung des Strahlungshaushaltes (Solar Radiation Management, SRM): Die auf die Erde eintreffende Sonneneinstrahlung soll verringert werden, um die globale Durchschnittstemperatur zu reduzieren. Vorschläge dafür sind die Installation von Spiegeln im Weltall und die Erhöhung der Rückstrahlung des Sonnenlichts durch die Aufhellung von Siedlungen wie dem Weißen von Dächern. Am häufigsten wird die Ausbringung von Gasen mit Schwebeteilchen in die Stratosphäre zur Streuung des Sonnenlichts diskutiert. Die Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfläche könnte damit verringert werden.
- Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal, CDR): Die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid soll in der Atmosphäre verringert werden. Das ausgestoßene Kohlendioxid soll dem Kohlenstoffkreislauf möglichst dauerhaft entzogen werden. Ein Ansatz ist das Herausfiltern von Kohlendioxid mit riesigen Maschinen aus der Luft und die Einlagerung unter der Erde. Als natürliche Filter könnten Pflanzen dienen, da sie der Atmosphäre durch die Photosynthese viel Kohlendioxid entziehen. Um saubere Luft zu erhalten, ist eine massive genmanipulierte Aufforstung ein Ansatz. Bei der Zersetzung von Pflanzen wird Kohlendioxid freigesetzt. Um das zu verhindern, könnten die Pflanzen später luftdicht im Boden oder im Meer versenkt oder zu Bio-Kohle verarbeitet werden. Algen binden ebenfalls Kohlendioxid durch Photosynthese. Eine Ozeandüngung würde das Algenwachstum fördern und zur Bindung größerer Mengen Kohlendioxid führen.

Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal, CDR) | Foto: ©malp #1033564756 – stock.adobe.com
Kleiner historischer Rückblick
Die Idee von Geo-Engineering wurde bereits im vergangenen Jahrhundert geboren. Wissenschaftler diskutierten darüber, die Erde in Regionen urbar zu machen, die zuvor nicht von den Menschen nutzbar waren. Zur Bewässerung von Steppen in Mittelasien sollten in Russland ganze Flüsse umgeleitet werden. Die Sibirische Tundra sollte durch die Ausbringung von Rußpartikeln oder einen Damm durch die Behringstraße aufgetaut werden.
Während des Kalten Krieges in den 1950er bis 1970er Jahren wurde die Nutzung von Geo-Engineering für militärische Zwecke diskutiert, beispielsweise die Beeinflussung des Wetters durch Geo-Engineering für militärische Zwecke oder das Schmelzen von Eisflächen.
Alle diese Vorschläge wurden niemals umgesetzt, obwohl deren Wirkung und die technische Machbarkeit diskutiert wurden. Allerdings wurden kaum die Nebenwirkungen auf Menschen und Umwelt thematisiert.
Wirkungsweise von Solar Radiation Modification
Solar Radiation Modification behebt nicht die Ursache des Klimawandels, sondern könnte sich lediglich auf die Erderwärmung auswirken. Die Konzentration an Kohlendioxid in der Atmosphäre oder die Versauerung der Ozeane würden nicht bekämpft werden und blieben bestehen. Die größte Gefahr durch Solar Radiation Modification ist der Termination Shock. Ist die Kohlendioxid-Konzentration in der Luft hoch und wird die Solar Radiation Modification plötzlich abgebrochen, würde die Erderwärmung sprunghaft ansteigen. Eine Anpassung von Menschen, Tieren und Pflanzen wäre nur schwer oder unmöglich.
Solar Radiation Modification dient der Modifizierung der Sonnenstrahlung und würde daher nur auf der Seite der Erde wirken, auf der Tag ist. Der Wirkungsraum ist nur begrenzt. Die einseitige Manipulation des Strahlungshaushalts würde sich auf die globalen Niederschlagsmuster auswirken, insbesondere auf den Monsun und auch auf die Ernährungssicherheit. Aufgrund des komplexen Klimasystems würde der Kühlungseffekt nicht gleichmäßig eintreten. In einer Region würde sich die Erderwärmung fortsetzen, während in anderen Regionen eine Überkühlung eintritt.
Für Solar Radiation Modification werden mehrere Ansätze diskutiert:
- Installationen im Weltall: Die Erde könnte durch Weltraum-Spiegel vor der Sonne geschützt werden. Ein riesiges Sonnensegel wird zwischen Erde und Sonne platziert. Dafür wären über mehrere Jahrzehnte zahlreiche Raketenstarts nötig.
- Stratosphärische Aerosol-Injektion: Speziell konstruierte Flugzeuge könnten Stoffe in die Stratosphäre einbringen, die das einfallende Sonnenlicht zurück ins Weltall reflektieren. Allerdings könnten chemische Reaktionen das Gegenteil bewirken, der Ozonschicht schaden und zur Erwärmung der Stratosphäre führen.
- Cirrus Cloud Thinning: Werden hohe Zirrus-Wolken ausgedünnt, könnte mehr Wärmestrahlung ins All entweichen. Die einfallende Sonneneinstrahlung wird dadurch nicht verringert. Mehrere große Eiskristalle könnten entstehen, wenn Partikel als zusätzliche Kristallisationskerne eingebracht werden. Es könnte auch zu gegensätzlichen Effekten kommen.
- Marine Cloud Brightening: Über dem Meer könnten Stratocumulus-Wolken aufgehellt oder erzeugt werden. Dazu müssten Salzpartikel in die untere Atmosphäre eingebracht werden. Wasser aus der Luft könnte an den Salzpartikeln kondensieren, was zur Wolkenbildung führen würde. Die helle Oberseite der Wolken würde die Sonneneinstrahlung reflektieren.
- Erhöhung der Oberflächenalbedo: Albedo bezeichnet das Verhältnis der reflektierten zur einfallenden Sonnenstrahlung. Die Strahlung wird durch helle Oberflächen reflektiert, die sich nicht so schnell wie dunkle Oberflächen erwärmen. Um eine Kühlung zu erzielen, könnten Glaskügelchen auf Eisflächen ausgebracht, Dächer weiß gestrichen oder weißer Schaum von Schiffen durch Microbubbles stabiler gemacht werden.

Solar Radiation Modification behebt nicht die Ursache des Klimawandels, sondern könnte sich lediglich auf die Erderwärmung auswirken | Foto: ©YoungMok #1036980961 – stock.adobe.com
Wirkungsweise von Carbon Dioxide Removal
Mit Carbon Dioxide Removal soll die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre verringert werden. Das könnte durch Pflanzen erreicht werden, die Kohlenstoff in Biomasse binden. Bei der Zersetzung der Biomasse wird Kohlendioxid wieder freigesetzt. Dieser Prozess könnte mit Chemikalien und einem hohen Energieeinsatz technisch nachgeahmt werden.
Carbon Dioxide Removal kann an Land oder im Meer stattfinden.
Carbon Dioxide Removal an Land könnte auf folgende Weise durchgeführt werden:
- Bodenverbesserung in der Landwirtschaft
- Aufforstung und Wiederaufforstung
- Pflanzen- oder Biokohle
- Bioenergie mit Carbon Capture und Storage
- beschleunigte Verwitterung
- Direct Air Carbon Capture and Storage
Auf dem Meer wären die folgenden Methoden anwendbar:
- Ozeandüngung
- Ozeanalkalinisierung
- Kohlenstoffaufnahme durch Vegetationsküstenökosysteme
- künstlicher Auf- und Abtrieb
Londoner Protokoll mit Regelung zum Geo-Engineering in den Meeren
Die Meeresdüngung ist eine vieldiskutierte Methode beim Geo-Engineering. Große Menten von Eisenverbindungen werden in das Meerwasser gegeben, um eine großflächige Algenblüte zu erzeugen. Nach dem Absterben der Algen sinkt das darin gebundene Kohlendioxid auf den Meeresboden. Diese Methode ist mit hohen Risiken verbunden, da ein Eintrag zusätzlicher Schadstoffe in die Meere erfolgt. Im Jahr 2013 einigten sich 43 Staaten auf eine verbindliche internationale Regelung. Das Londoner Protokoll sieht ein Verbot kommerzieller Forschungsversuche vor.

Die Meeresdüngung ist eine vieldiskutierte Methode beim Geo-Engineering | Foto: ©AytugAskin #210886291 – stock.adobe.com
Warum eine globale Regulierung für Geo-Engineering erforderlich ist
Geo-Engineering-Maßnahmen eines Staates können sich global auswirken. Das erfordert eine globale Regulierung. Auch Feldforschungsaktivitäten wie große Feldversuche in der Atmosphäre können sich global negativ auswirken. Bislang wurden noch keine Geo-Engineering-Maßnahmen ergriffen. Wissenschaftler forschen jedoch theoretisch an solchen Ansätzen und testen bereits kleinflächig einige Carbon Dioxide Removal-Technologien. Erste Feldforschungen für Solar Radiation Modification sind in Nordamerika geplant. Eine globale Regulierung ist daher schon jetzt notwendig.
Die einzige Geo-Engineering-Maßnahme, für die es bereits eine völkerrechtlich verbindliche Kontrolle gibt, ist die Düngung von Ozeanen zur Förderung Kohlendioxid-bindender Algen. Alle Geo-Engineering-Handlungen mit grenzüberschreitenden Risiken sollten international verboten werden. Ausnahmen sollten nach Ansicht des Umweltbundesamtes nur für Forschungszwecke genehmigt werden.
Verbot von Geo-Engineering durch Biodiversitätskonvention
Das Übereinkommen über biologische Vielfalt könnte der Entwicklung von Leitlinien für die globale Kontrolle von Geo-Engineering dienen und den Rahmen für den Informationsaustausch bilden. Im Jahr 2010 haben sich 196 Staaten auf vorläufiger Basis für ein Verbot von Geo-Engineering ausgesprochen.
Im Übereinkommen für biologische Vielfalt wurden bestimmte Formen der Kohlendioxidspeicherung nicht berücksichtigt.
Die Vertragsstaaten haben dieses Verbot im Jahr 2016 nochmals bekräftigt. Das Umweltbundesamt hat ein Fact Sheet zu diesem De-Facto-Moratorium erstellt.
Bedenken gegen Geo-Engineering
Geo-Engineering ist kein wirksamer Klimaschutz. Von der Anwendung ist abzuraten, da Nutzungskonflikte mit den vorhandenen Ressourcen entstehen und die unvorhersehbaren globalen Risiken nicht zu vergessen sind. Die meisten potenziellen Ansätze befinden sich noch in einem niedrigen Entwicklungsstadium oder sind nur theoretische Gedankenspiele. Sie stehen für die erforderlichen Maßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung noch nicht zur Verfügung.
Geo-Engineering-Maßnahmen versprechen, eine technische Lösung des Klimaproblems zu bieten und Anstrengungen zur Vermeidung von Emissionen sowie internationale Verhandlungen weniger dringend zu machen. Sie könnten zu einem Paradigmenwechsel führen, der vom Umweltbundesamt grundsätzlich abgelehnt wird. Geo-Engineering führt zu den Trugschlüssen, dass der Mensch globale Umweltprozesse steuern und verstehen kann, Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen durch Geo-Engineering ersetzt werden könnten oder eine Minderung des Schadstoffeintrags in die Umwelt nicht notwendig ist.
Geo-Engineering birgt die Gefahr, dass die Bekämpfung der Ursachen für den Klimawandel vernachlässigt wird. Es könnte die Einigkeit, dass Minderungsmaßnahmen zum Treibhausgasausstoß erforderlich sind, in Frage stellen. Menschen werden nicht nur mit den Folgen des Klimawandels, sondern auch mit den schädlichen Nebenwirkungen des Geo-Engineerings konfrontiert.